Die Trennung von Justiz und Verwaltung in
Eilsass-Lothringen.
Von
Staatsanwalt KEETMAN, Strassburg i. E.
Einleitung.
Vererbung und Anpassung, die beiden Kräfte, deren Zusam-
menwirken die Entwicklung eines jeden Lebens in der Natur
bedingt, beherrschen auch die Rechtsordnung. Wie sich das Aus-
sehen eines Einzelwesens bestimmen lässt, wenn bekannt ist, wie
seine Ahnen geartet waren, und welchen neuen, diesen unbekann-
ten Einwirkungen der Nachkomme ausgesetzt war, so ergibt sich
auch die Rechtsordnung einer bestimmten Zeit aus dem über-
kommenen Rechte und den Bedürfnissen, welche im Umlaufe der
Jahre neu aufgetreten sind. Aber eine Einschränkung ist nötig.
In unsern geordneten Zeiten passt sich das ererbte Recht nicht
immer sogleich den neuen Bedürfnissen an. Es vergeht immer
einige Zeit, bis erkannt ist, dass das überkommene Recht nicht
mehr den veränderten Verhältnissen entspricht, bis diese Erkennt-
nis zum Entschlusse der Aenderung, dieser Entschluss zur Tat
gediehen ist. Und der Entschluss der Aenderung, der nach natür-
lichen Gesetzen der Erkenntnis, dass das alte Recht der neuen
Zeit nicht gemäss ist, auf dem Fusse folgen sollte, wird oft zögernd
und widerwillig gefasst, und die Ehrfurcht, welche dem Rechte