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Beobachtung der Gesetze, an welche die Gerichte gebunden
waren, „dans un but utile“ Abstand nähmen ?°. Grund der Ver-
treibung der Justiz aus den Verwaltungsstreitsachen war sonach
der Wunsch der Regierung gewesen, in diesen Sachen eine Ent-
scheidung nach Zweckmässigkeitsgründen statt nach Rechtsgründen
zu erhalten. Aber bei einer langen Folge von Entscheidungen,
welche nach Zweckmässigkeitsgründen ergehen, bildet sich eine
bestimmte Uebung, und aus dieser eine opinio iuris; diese wird
zur Rechtsordnung, allerdings einer von dem allgemeinen bürger-
lichen Rechte verschiedenen Rechtsordnung des Verwaltungsrechts.
Das ancien regime hinterliess der neuen Zeit als Vermächtnis
seine grossartige Auffassung vom Staate und als deren Folge ein
festgegliedertes Verwaltungsrecht, welches für die Entscheidungen
der Verwaltungsgerichte verbindlich war. Es war daher nicht
mehr der Wunsch, in Verwaltungssachen eine Entscheidung nach
Zweckmässigkeitsgründen statt nach Rechtsgründen zu erhalten,
welcher den Staat veranlasste, die Verwaltungssachen den ordent-
lichen Gerichten zu entziehen, sondern der Wunsch, dass der
Entscheidung nicht das bürgerliche Recht, sondern das besondere
Verwaltungsrecht zu Grunde gelegt werde.
Justiz und Verwaltung waren daher der Zuständigkeit und
dem anzuwendenden Rechte nach durch feste Schranken geschie-
den. Es drängt sich die Frage auf, ob dadurch das von Mon-
TESQUIEU ersehnte Ziel erreicht, ob Justiz und Verwaltung zu zwei
besonderen Gewalten geworden sind.
MOoNTESQUIEU hatte zu einer Zeit, als noch die ganze Ge-
walt des französischen Staats in einer Hand vereinigt war (1748),
mit der Begründung, dass „tout homme qui a du pouvoir est
porte & en abuser“, im Interesse der Freiheit, die seinem Lande
fehlte, die Forderung gestellt, dass die Gewalten getrennt werden
müssten, damit le pouvoir arröte le pouvoir *.
® TOOQUEVLLE, 2.2.0. S. 105 (Buch 2 Kap. 4).
* Esprit des lois Buch 11 Kap. 4, Buch 5 Kap. 14 a.E. il faut combiner