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Justiz Selbständigkeit verliehen wurde. Die weiteren Regeln sind
nur Folgerungen dieses Grundsatzes.
2. „lordre constitutionel des juridictions ne pourra ötre
trouble ni les justiciables distraits de leurs juges naturels par
aucune commission, ni par d’autres attributions ou Evocations que
celles qui sont determinees par la loi“ (titre IL art. 17 Ges. v.
16. Aug. 1790). Eine Ausübung der Justiz würde es nämlich
auch enthalten, wenn der König eine vor die ordentlichen Ge-
richte gehörige Sache an sich ziehen oder einem von ihm ab-
hängigen Ausnahmegerichte übertragen könnte.
3. „les administrateurs ne pourront rien entreprendre sur
Vordre judiciaire“ (art. 23 ch. IV titre III der Konstitution von
1791).
Dieser Satz war selbstverständlich, da Beschränkungen, wel-
che dem Könige auferlegt waren, auch von den ihm untergeord-
neten Beamten beobachtet werden mussten. Er wurde dem Heere
der Verwaltungsbeamten durch Strafandrohung besonders ein-
geschärft: Verwaltungsbeamte, welche sich anmassten, allgemeine
Verfügungen zu erlassen, durch welche Gerichten ein bestimmtes
Verhalten zugemutet wurde, sollten die degradation civique ® er-
leiden (art. 130 Code penal); der Verwaltungsbeamte, welcher
eine vor die Gerichte gehörende Privatstreitigkeit an sich zieht,
soll einer Strafe von 16 bis 150 fres. verfallen (art. 131 Code
penal).
Il. Auf den ersten Blick sollte man annehmen, dass es ähn-
licher Anordnungen nicht bedurft hätte, um das Gebiet der Ver-
waltung Uebergriffen der Justiz gegenüber zu sichern; denn ein
Interesse der ordentlichen Gerichte, ihre Zuständigkeit auf Kosten
der Verwaltung auszudehnen, lässt sich in unsern Tagen schwer
begreifen. Aber hier mussten sich geschichtliche Erinnerungen
—
° An Stelle des Verlustes der staatsbürgerlichen Rechte ist nach Art, V
E.G. z. Stgb. Gefängnis mit oder ohne Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte
getreten.