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denn die Anrufung des Reichsgerichts ist hier ausgeschlossen,
weil es sich bei den Rechtsfragen im Adelsrecht nicht um Aus-
legung reichsgesetzlicher, sondern landesgesetzlicher Vorschriften
handelt (Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Ge-
richtsbarkeit 8 28 Abs. 2). Im übrigen aber kann das Herolds-
amt selbstverständlich da nicht Beschwerde einlegen, wo ein
Adelsanspruch abgewiesen ist. Der Adelsanmasser aber, der bei
dem einen Gericht abgewiesen ist und sieht, dass er hier nicht
durchkommt, versucht es eben bei einem anderen Gericht mit
Berichtigung einer anderen Personenstandsurkunde. Dringt er
dann (vgl. Fall v. A.) durch, so sind die verschiedenen Standes-
verhältnisse in der Familie da. Der Adelsanmasser freilich wird
sich nicht übermässig wegen jener ihm ungünstigen Entscheidung
sorgen. Denn sobald nur auf Grund der anderen Entscheidung
einige Personenstandsurkunden dahin ausgestellt bzw. „berichtigt“
sind, dass er „adlig heisst“ oder „adlig ist“, wird er hoffen, dass
seine Familie später mit Hilfe der unvordenklichen Verjährung
— im gemeinen Recht — oder der 44jährigen Frist — im
ALR., zumal bei der Auslegung, die dem 8 19 T. II Tit. 9
gerichtsseits bisher vielfach gegeben worden ist, — es doch er-
reicht, dass auch bei den übrigen Urkunden das Adelsprädikat
hinterher eingetragen wird. Wie es aber mit dem Hoheits-
rechte des Staats bezüglich der Adelsverhältnisse dabei
steht, ist eine andere Frage.
Diese Frage legt die weitere Frage nahe, wann denn eigent-
lich bei einer solchen Sachlage wie der geschilderten’ die auf
Grund der unvordenklichen Verjährung oder des & 19 ALR.
T. II Tit. 9 eintretenden Vermutungen Platz greifen sollen.
$ 19 findet den Grund der Vermutung für das Recht zur Adels-
führung in einem „Anerkenntnis des Staates“. Wie nun, wenn
ein staatliches Gericht über die Adelsfrage rechtskräftig im
Gegensatze zu der Entscheidung eines anderen staatlichen Ge-
richts oder der des Landesherrn bzw. des Heroldsamts entschie-