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Notwendigkeit umgestossen und daher ein lange gefestigter Zu-
stand aufs bedenklichste erschüttert ist.
I.
Das Kammergericht erkennt auch jetzt noch an, dass ein
unmittelbarer Streit zwischen dem Adelsprätendenten und
dem Heroldsamt dem Richter entzogen ist. Daran kann auclı
nicht gezweifelt werden. In dem Urteil des Reichsgerichts vom
16. Juni 1904 (in den GRUCHOTschen Beiträgen zur Erläuterung
des deutschen Rechts, herausgegeben von KÜNTZEL und Eccivs,
50. Jahrgang, 1906, Beilageheft S. 882 f.) wird in Uebereinstim-
mung mit der sonstigen feststehenden Rechtsprechung des Reichs-
gerichts (vgl. z. B. das Urteil des Reichsgerichts vom 31. Juni
1901 — JMBl. S. 122f.) noch neuerdings wieder ausgeführt:
„Es hat das Heroldsamt, wenn durch seine Verfügungen dem
Kläger das Adelsrecht abgesprochen ist, lediglich innerhalb
seiner die Standes- und Adelssachen für den ganzen Bereich
des Preussischen Staats umfassenden Zuständigkeit sich bewegt,
ohne dass dagegen der ordentliche Rechts-
weg eröffnet wäre. Denn die allgemeine Frage, ob
jemand dem Adel angehört, ist bei ihrer öffent-
lich-rechtlichen Natur zwischen dem Beteiligten und
dem Staatalsdem Träger des Staatshoheitsrechts
unter Ausschluss des ordentlichen Rechts-
wegs zu entscheiden.“
Wenn nun aber das Kammergericht einen mittelbaren
Streit über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Adelsrechts
der richterlichen Entscheidung unterstellt wissen will, so mag
einstweilen dahingestellt bleiben, wie weit bei den hier interes-
sierenden Entscheidungen überhaupt mittelbare Entscheidungen
des Gerichts in Betracht kommen; dies wird weiter unten zu er-
örtern sein. Hier ist zunächst festzustellen, dass der Richter
keineswegs befugt ist, über alle für seine Schlussentscheidung