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träge „dem Staat ebensowohl als seinen Bürgern heilig“ sein
müsse. Alsdann dürfe das (favorable) Priv. nicht anders
widerrufen werden, „als wenn überwiegende Gründe des ge-
meinen Wohls die Aufhebung erfordern!“ „Entsteht darüber
ein Streit, ob ein solcher Fall vorhanden sei, so muss die Ent-
scheidung dem kompetenten Richter überlassen werden. Es ist
auch den Rechten und der Billigkeit allerdings gemäss, dass ein
solcher Untertan, dem um des gemeinen Besten willen sein Priv.
genommen wird, wenn er solches durch lästigen Vertrag er-
worben hat, hinlänglich entschädigt werde“ °. Eine derartige Ent-
ziehung der favorablen Privilegien aus „überwiegenden (sründen
des gemeinen Wohls“ war überhaupt nur ein spezieller Anwen-
dungsfall des damals angenommenen jus eminens (imperium et
dominium eminens) des Regenten, welches in Notfällen aus-
nahmsweise unter Durchbrechung der gewöhnlichen Rechtsord-
nung auch die Beseitigung wohlerworbener Rechte (jura quaesita)
gestattete.e. Andrerseits erachtete die gemeinrechtliche Theorie
es auch für selbstverständlich, dass der Landesherr ein erteiltes
Privileg widerrufen dürfe, wenn dasselbe durch Vorspiegelung
falscher oder Unterdrückung wahrer Tatsachen (exceptio sub- et
obreptionis) erschlichen war '°,
Nach diesen Ausführungen über die Privilegienentziehung
richtete sich also auch die Frage, inwiefern nach gemeinem deut-
schen Staatsrecht gegen Ausgang des 18. Jahrh. eine Wieder-
entziehung verliehener honores als zulässig galt. J. J. MOSER,
Von der Landeshoheit in Gnadensachen 8. 5, meinte allerdings
noch persönlich, dass bisweilen eine „Begnadigung“ die Bedingung
der Widerruflichkeit bei gewissen Verhältnissen „stillschweigend
mit sich trage“, „z. E. wann Jemand einen Ritterorden erhält
und er begehet etwas, so ihne gleichsam imfamiert, und aller
® GLück II 32—37; HÄBERLIN II 177; Leist S. 278; J. J. Moser S. 48;
S. auch ReHm, in Annalen des D. Reichs 1884 S. 610 £.
10 GLück I 543, 548; HÄBERLIN II 177.