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artige und schwächt ab mit Vorliebe das Ungleichartige. Dass die Staats-
angehörigkeit im wesentlichen nichts andres als Mitgliedschaft sei, mag
ihm zugegeben werden. Es ist aber doch sehr zweierlei, ob das Mitglied
eines Verbands physische oder juristische Person ist. Beim Rechtsschutz-
anspruch, den I. sehr in den Vordergrund stellt, kommt das allerdings
nicht so sehr zur Erscheinung. Im Zivilprozess sehen physische und
juristische Person sich allerdings ungemein gleich. Dasselbe gilt bis zu einem
hohen Grad auch im bürgerlichen materiellen Recht, doch scheiden hier
schon Familien- und aktives Erbrecht aus. Im Strafrechte und im deliktischen
Obligationenrecht geniesst die juristische Person schon durch ihre Schatten-
haftigkeit gewichtige Vorzüge. I. meint selbst, Leibesstrafen seien gegen
juristische Personen nicht am Platze. Er lässt sie allerdings stark durch
ihre Organe vertreten sein. Weshalb aber erklärt selbst I. die Organe der
juristischen Person doch nur der Geld- nicht auch der Prügelstrafe für
fähig? Vielleicht hat SeYDEL doch nicht so unrecht, wenn er das Wesen
der. juristischen Person in einer Form des vermögensrechtlichen Verkehrs
erblickt! — Und nun gar im Gebiete des eigentlichen Staatsrechtes! Da
fehlt es den juristischen Personen fast an allem und jedem Persönlichen.
I. betont zwar den aktiven Status der juristischen Personen auch hier nach
Möglichkeit und erklärt sie selbst der Wahlrechte für fähig. Ganz aus-
nahmsweise kommen solche freilich vor, aber doch nur im kommunalen
Leben, nicht im Staate. Das allgemeine Wahlrecht schliesst die juristischen
Personen von den Parlamentswahlen völlig aus. Und dann das Korrelat
des Wahlrechts, die Wehrpflicht? Davon wollen juristische Personen so
wenig wissen, dass sie sich nicht einmal zur Wehrsteuer erbieten.
Wendet l. dagegen ein, dass auch Frauen und Kinder Staatsangehörige
sind, ohne doch wahlberechtigt und wehrpflichtig zu sein und dass die
katholischen Geistlichen in Deutschland sogar wahlberechtigt und faktisch
nicht wehrpflichtig sind, so entgegne ich, es kommen mitunter Kälber mit
zwei Köpfen zur Welt und dennoch kann man behaupten, das Kalb sei ein
einköpfiges Tier.
Das Wesentliche ist eben, die Mitgliedschaft der physischen Personen
ist eine andre, weit intensivere als diejenige der juristischen Personen
oder um mich eines Ausdruckes Is zu bedienen: die Substanz der Mit-
gliedschaft beider ist eine verschiedene.
Man kann auch nicht einmal die Staatsangehörigkeit der Frauen und
Kinder einerseits und der juristischen Personen andrerseits in der Substanz
einander gleichsetzen, denn die Kinder werden, sofern sie männlich sind
und das gehörige Alter erreichen, wehrpflichtig und wahlberechtigt und
die Frauen können solche Kinder zur Welt bringen, was beides den juristi-
schen Personen trotz ihrer Realität nie gelingt.
Ich gebe zu, dass es sich zwischen I. und mir nur um Betonungsunter-
schiede handelt. I. gründet die Identität der „Substanz“ der Mitgliedschaft