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von internationalem Arbeiterschutz vor. Beachtenswert sind die Ausfüh-
rungen über die Einwirkungen dieses Vertrages auf das französische Ver-
waltungsrecht und über die Stellung der Ausländer gegenüber den fran-
zösischen Arbeiterversicherungsgesetzen. Der Verfasser ist der Ansicht, dass
das gesamte nationale Arbeiterrecht Gegenstand internationaler Verein-
barungen werden kann, und darin stimme ich ihm bei; ob es in grösserem
Umfange geschehen wird, bleibt abzuwarten.
Heidelberg. Franz Dochow.
Dr. Wussow, Syndikus des Vereins deutscher Strassenbahn- und Kleinbahn-
Verwaltungen. Die Haftpflicht der Strassenbahnen, Berlin 1905.
Schulz u. Co.
Die vorliegende Schrift — ein der X. Vereinsversammlung zu Frank-
furt a. M. am 6. September 1905 erstatteter Bericht — zerfällt in zwei
Teile, in einen dogmatischen und in einen kritischen. Der dogmatische
Teil befasst sich vorwiegend mit der Haftung der Strassenbahnen nach
Massgabe des Haftpflichtgesetzes und gibt den gegenwärtigen Stand der
Gesetzgebung und Judikatur in dankenswerter Uebersichtlichkeit und leicht
verständlicher Fassung wieder. Da insoweit die Haftung der Strassenbahnen
von der der Eisenbahnen nicht abweicht, erscheint es auf den ersten Blick
befremdlich, dass sich die Darstellung nicht gleichmässig auf beide Arten
der Verkehrsmittel erstreckt. Die Aufklärung hierfür gibt der zweite, der
kritische Teil, welcher dem Nachweis dient, dass der Gesetzgeber durch die
gleiche Behandlung der Strassenbahn mit der Eisenbahn einen Missgriff
begangen, einen Missgriff, der sich desto fühlbarer mache, je mehr in der
Judikatur das Bestreben hervortrete, die ohnehin übertriebene Strenge des
Gesetzes durch Richterspruch zu verschärfen. Die Prämien, welche die
Strassenbahnen für Unfallversicherungen zu zahlen haben, seien darum im
Laufe der Zeit derart gestiegen, dass dadurch der Ausbau neuer Linien
gehemmt und die Rentabilität bestehender Linien in Frage gestellt werde.
In dem kritischen Teil liegt somit der Schwerpunkt der Schrift — und
darum soll auf ihn näher eingegangen werden. Unbedenklich wird man
dem Verfasser zugeben müssen, dass das Reichshaftpflichtgesetz den bedeut-
samen Unterschied nicht gewürdigt hat, der darin besteht, dass der Bahn-
verwaltung die Herrschaft über den Bahnkörper zusteht und dass sie darum
in der Lage ist, den Gefahren, welche der Verkehr auf öffentlichen Wegen
und Strassen mit sich bringt, zu begegnen, während die Strassenbahnen
im Gegensatz hierzu darauf angewiesen sind, sich inmitten des Strassen-
getümmels zu bewegen und darum ohnmächtig den damit verbundenen Ge-
fahren gegenüberstehen. — Gefahren, welche mit dem steigenden Verkehr
und durch die Verkehrsmittel, welche zur Zeit der Emanation des Haft-
pflichtgesetzes noch unbekannt waren, immermehr gewachsen sind. Hierauf