Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 22 (22)

bezirke wurden aber, um nationale Verluste möglichst zu ver- 
meiden, soweit es nur anging, national einheitlich zu- 
sammengestellt®. Erst in zweiter Reihe trat hinzu die Scheidung 
zwischen der städtischen und der Landbevölkerung. 
Daher die für den mit österreichischen Verhältnissen nicht 
Vertrauten kaum begreifliche Verschiedenheit in der Zu- 
sammensetzung und Einwohnerzahl der einzelnen Wahl- 
bezirke, welche selbst innerhalb eines Kronlandes, ja innerhalb 
einer und derselben Stadt die grössten Unterschiede aufweisen. 
Die Wahlreformaktion knüpfte eben, unter Beseitigung des pri- 
vilegierten Wahlrechtes des Grossgrundbesitzes und der Handels- 
und Gewerbekammern, soweit es anging, an die bisherige 
Verteilung der politischen Macht der einzelnen Volks- 
stämme an und behielt nur durch vielfache Differenzierung zwi- 
schen städtischen und ländlichen Wahlbezirken ein modifi- 
ziertes Klassenwahlrecht der bürgerlichen und bäuer- 
lichen Bevölkerung bei‘. Auf diese Weise allein war es der- 
würde es die grösste Ungleichheit, ja die schreiendste Ungerechtigkeit ent- 
halten. Nicht das mechanische Zahlenverhältnis darf allein entscheiden, 
sondern das nationale und kulturelle Kräfteverhältnis ... Das 
allgemeine Stimmrecht muss bei uns auf dem Unterbaue der geschicht- 
lichen, kulturellen und nationalen Verhältnisse ruhen, d. h. die auf dem 
allgemeinen Stimmrechte aufgerichtete Wahlreform muss den Völkern des 
Reiches auch im Reichsrate ihre geschichtliche, nationale und 
kulturelle Bedeutung sichern“ (Sten. Prot. des Abg.H. XVII Sess., 
356. Sitzung). 
5 „Der Regierung schwebt vor Allem eine möglichst nationalein- 
heitliche Abgrenzung der Wahlkreise vor“ (Ibid.). 
° So wählen im industrie- und verkehrsreichen I. Bezirke Wiens 
(Innere Stadt) 49 700 Einwohner 4 Abgeordnete, so dass hier ein Abge- 
ordneter auf ca. 12500 Einwohner (ca. 2700 Wähler) entfällt, während z. B. 
im V, Bezirke Wiens ein Abgeordneter auf 97209 Einwohner (ca. 21000 
Wähler) entfällt. Die Land wahlbezirke Niederösterreichs zählen durch- 
schnittlich ca. 50000 Einwohner. Während ferner in der von polnischer 
Bevölkerung bewohnten Stadt Krakau ein Abgeordneter auf ca. 16 000 Ein- 
wohner entfällt, zählen die vorzugsweise ruthenischen Woahlbezirke 
Östgaliziens vielfach weit über 100000 Einwohner auf ein Abgeordneten-
	        
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