Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 25 (25)

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die zuweilen einen Dienst tun konnten, nie ernsthaft von ihr 
Gebrauch gemacht, und heute beginnt man allgemein, nüchterner 
zu denken. Handelt es sich um eine Auslieferungsvereinbarung, 
so sucht man in den beiden Strafgesetzbüchern den Bestand her- 
aus, den man als gemeinsamen ansehen kann oder will, und füllt 
damit den Katalog der extraditionsmässigen Reate. Wie diese 
von dritten Staaten beurteilt werden, ist gleichgültig. Ursprüng- 
lich hatte es schon eine gewisse Berechtigung, sich mit den we- 
nigen Delikten, die man den Verträgen einverleibte, in Ueber- 
einstimmung mit den anderen Staaten zu glauben, und die ersten 
Aeusserungen jener Ansicht wollen überhaupt nicht viel mehr, 
als auf diese Tatsache hinweisen !!. Im Lauf der Zeiten ist 
aber daraus ein angebliches Rechtsprinzip geworden, bei dem 
man es liebte, die Harmonie mit der morale universelle zu be- 
tonen. So kam man notwendig auf ein totes Geleise. Heute 
lassen sich solche Anschauungen unschwer durch das positive 
Recht widerlegen. Das deutsche Auslieferungsrecht kennt nur 
die Klausel beiderseitiger Strafbarkeit. Universelle Strafbarkeit 
bedeutet für uns eine Redensart, keine Rechtsregel. 
3. Titel. Die Reziprozität im prozessualen ÄAuslieferungsrecht und den 
Nebenmaterien. 
34. Die Reziprozität als beherrschendes Prinzip bleibt nicht 
auf das materielle Auslieferungsrecht beschränkt; sie durchdringt 
in gleicher Weise das prozessuale. Obschon sie sich hier 
in mancher Beziehung noch augenfälliger nachweisen lässt !!!, 
entbehrt sie doch des gleichen praktischen Interesses, weil die 
110 Das ist hier und da der Sinn auch in neueren Arbeiten, siehe z. B. 
v. BAR, Internationales Privat- und Strafrecht S. 591 und TAunay p. 21. 
11l In manchen Beziehungen ist die Reziprozität im prozessualen Recht 
auch nicht vorhanden. Es ist dies der Teil des Verfahrens, der eine res 
interna des um Auslieferung angegangenen Staates ist, und der in den Ver- 
trägen selten erwähnt oder höchstens durch einfache Bezugnahme berührt 
ist. Deshalb schalten diese Teile hier aber auch aus. Vgl. v. MARTITZ, 
Rechtshilfe Bd. 2 8. 762.
	        
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