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es sich gradezu um jene ideelle Gegenseitigkeit; dann müssten
absolute und ideelle ein und dasselbe sein. Aber ideelle Rezi-
prozität als von der Realität abstrahierend hat in dieser keinen
Raum, und Fälle, in denen sie wirklich würde, kann es nicht
geben. So muss die als absolut bezeichnete Mutualität in ihrer
Bedeutung dahin modifiziert werden, dass bei ihr zwar die Form
eine übereinstimmende ist, aber der Inhalt dadurch nicht not-
wendig ebenfalls übereinstimmend gestaltet wird. Darüber kann
man nicht im Zweifel gewesen sein. Etwas aber glaubte man aus
dem Einklang der Form entnehmen zu dürfen. Das ist der Schluss
auf das entsprechende Gewicht des eingeschlossenen Tatbe-
standes. Wo sich strafbare Handlungen mit gleichwertigen Aus-
drücken und Wendungen wiedergeben lassen, da hat man die
Folgerung als zutreffend angesehen, dass es sich um Tatbestände
von übereinstimmender krimineller Schwere handelt. Und damit
ist die Brücke zu der als relativ bezeichneten Gegenseitigkeit ge-
wonnen. Bei dieser war von vornherein die Form ungleichartig;
was man als reziprok ansah, war nur das strafrechtliche Gewicht
des Inneren. Jetzt findet sich dieses als das allein wesentliche
auch in der absoluten Reziprozität wieder, während die hier über-
einstimmende Form als etwas zufälliges, unwesentliches erscheint.
Die empirische Gegenseitigkeit ist demnach einheitlich zu fassen,
und es fragt sich, ob es nicht richtiger gewesen wäre, von einem
Unterschied in den Arten von vornherein abzusehen. Aber in
den positiven Grundlagen, wie sie die deutschen Verträge bieten,
besteht er einmal, und es scheint zweckmässig, von ihnen auszu-
gehen und sich die Einteilung durch sie aufweisen zu lassen;
die Vereinheitlichung zu einem Prinzip ist dann ein wissenschaft-
licher Versuch — dies zur Verwahrung gegen den Niederländer
HENDRIK JOHANNES ÜORNELIS DE JONGE, dem kein neuer Be-
weis geliefert werden soll, „dat de van ouds beroemde liefde tot
classificeeren, bij ziine Germaansche naburen nog niet is uitge-