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bluscht“ 13%,
40. Damit sind die Anschauungen, die das Wesen der Rezi-
prozität im deutschen Auslieferungsrecht bestimmen, erkannt, so-
weit sie erkennbar sind. Unwesentlich ist es, von welchem Stand-
punkt man ihr gegenüber ausgeht. Stellt man sich auf den eines
einzelnen Staates, wie des Deutschen Reiches, dann ist die Ge-
genseitigkeit die Bedingung für den Eintritt einer Rechtspflicht, die
Voraussetzung für ein Tätigwerden im Interesse des fremden
Staates. Nimmt man die Mutualität bereits als verbürgt an, sei
es durch einen internationalen Vertrag, sei es sonst in genügen-
der Weise, so erscheint sie als ein bestimmt geartetes Pflichten-
verhältnis, demgemäss die Gewährung einer Leistung erfolgt,
weil das erforderliche Kegenrecht vorhanden ist. Dort ist in jedem
einzelnen Falle zu ermitteln, ob die Invizinität gewahrt ist; hier
steht ihr Gegebensein ein für allemal fest. Ein weiterer Un-
terschied ist nicht vorhanden, denn es liegt nur ein Wechsel im
Gesichtspunkt vor; das Objekt bleibt das gleiche Immer han-
delt es sich um die Herstellung der Grundlage für den Eintritt
der Verpflichtung zu einem Tun. Die Grundlage ist in jedem
Fall dieselbe und jedesmal als Reziprozität zu begreifen. Das
positive Auslieferungsrecht kennt sie unter beiden Gesichtspunk-
ten. Man hat aber einen eigentümlichen Weg gewählt, um zu
Ihr zu gelangen.
Verstand man die Gegenseitigkeit in ihrem gewöhnlichen
Sinne, d. h. als Gleichstellung der Kontrahenten in ihren Be-
ziehungen zu einander, so konnte man sie an sich in verschie-
denem suchen. Man konnte den Schwerpunkt auf die Gleichheit
der entstandenen Pflichten legen, also in erster Linie ver-
langen, dass die vertragsmässig aufzuwendenden Bemühungen für
beide Teile gleich gross seien. Oder man konnte die Gleichheit
der Gewährungen selbst, die Gleichwertigkeit des geleisteten,
als das wesentliche ansehen und hierfür das Interesse des begün-
13: 9, 44.