Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 25 (25)

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sion gegen die in Betracht kommenden Reate ergeben !?”. Wie 
sorgfältig und umständlich man grade bei den dahingehenden 
Feststellungen verfahren ist, beweist das eigenartige Bild, welches 
das materielle Auslieferungsrecht bietet. Dabei ist jedoch nicht 
zu übersehen, dass auch bei dem, was die Konventionen selbst als 
strafrechtlich gleich bedeutsam ansehen, wofür sie gleichzeitig 
bei ihnen entsprechende Interessen an der Wirksammachung des 
Strafanspruchs voraussetzen, eine gewisse Nachgiebigkeit herr- 
schen kann und tatsächlich herrscht. Demgegenüber ist das zu 
eng aufgestellte Prinzip machtlos und wertlos. Wo der Wort- 
laut der Verträge unzweideutig und erschöpfend ist, lässt sich ihm 
mit dem Grundsatz der Uebernahme gleich interessanter Ver- 
pflichtungen nichts abgewinnen !?®, Man könnte demnach geneigt 
sein, der Reziprozität jeden praktischen Wert abzusprechen, so- 
bald ein Vertrag einmal abgeschlossen ist. Und das hat man auch 
getan!?®. Wenn die Interessen der Beteiligten, beiderseitig auf 
die Schalen einer Wage gelegt, nie das Zünglein auf Null setzen, 
sondern immer einen Ausschlag nach der einen oder anderen 
Seite hervorrufen, dann möchte man überhaupt ein Prinzip, wel- 
ches das Gleichgewicht betont, ablehnen. In seiner Allgemein- 
heit wäre aber der Schluss verfrüht. Nicht überall sind die Ver- 
träge in ihrer Fassung zweifellos, fast nirgends ist ihr Wortlaut 
erschöpfend. Dann hat die Auslegungstätigkeit einzusetzen, und 
137 LAMMASCH, Auslieferungspflicht S. 181 sagt: „... Die Reziprozität 
darf... überhaupt nicht rein äusserlich verstanden werden, sondern sie 
soll verwirklicht werden in dem Werte der von beiden Staaten einander 
gemachten Zugeständnisse.‘‘ Als Beispiel dafür weist er auf den oben Ziff. 38 
besprochenen Auslieferungsfall im Vertrage mit Spanien und Uruguay hin. 
Dem kann zugestimmt werden. Aber woran soll der Wert der Zugeständ- 
nisse gemessen werden? Darauf wird man mit den Verträgen antworten 
müssen, dass das kriminelle Gewicht des strafrechtlichen Anspruchs für den 
Wert massgebend ist. 
138 Siehe oben Ziffer 36. 
19 DeELIUS sagt im Archiv für Öffentliches Recht Bd. 6 S. 410: „Die 
Forderung der Reziprozität, von welcher natürlich nur beim Fehlen eines 
Vertrages die Rede sein kann... .* 
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