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ticide nach Art. 396 in seinem ersten Teile eine höchstens durch
Ueberängstlichkeit gebotene besondere Bestimmung trifft; es wird
lediglich die Anwendbarkeit der Strafdrohungen für assassinat
und meurtre wiederholt, eine Ueberflüssigkeit, die das deutsche
Strafgesetzbuch mit Recht vermieden hat. Erst Satz 3 und 4
beziehen sich auf die m£öre, die ihr enfant illegitime tötet, und
unterscheiden dann für das Strafmass, ob die Tötung mit oder
ohne pr&emeditation geschah. Nach deutschem Recht ist es für
die Anwendung des $ 217 unerheblich, ob die allgemein als
ausgeschlossen angenommene Ueberlegung im Einzelfall dennoch
vorhanden war; es stände dem Richter frei, im Strafmass darauf
Rücksicht zu nehmen. Es fehlt hier demnach an äusserlicher
und innerlicher Kongruenz der Bestimmungen. Das ist aber
gegenüber der Fassung des Vertrages belanglos. Jeder aus-
lieferungspflichtige Tatbestand muss auf beiden Vertragsseiten
seine strafrechtliche Deckung finden; das ist hier die einzige
Bedingung; ob da jedesmal grade das Paralleldelikt oder ein
anderes aus der Liste eingreift, ist bedeutungslos.
Nach dem vorigen entsprechen sich die im Vertrage einge-
setzten Reate in folgender Weise:
meurtre (art. 393) ..... Totschlag ($ 212);
assassinat (art. 394) . . Mord (S 211);
empoisonnement (art. 397)... . Totschlag (8 212);
parricide (art. 395) ... . Totschlag, Aszendententotschlag
(8$ 212, 215);
infanticide (art. 396) ..... Totschlag, Mord, Kindestötung
(88 212, 211, 217).
schlagsfälle handelt, die teilweise unserem Strafgesetzbuche sehr wohl be-
kannt sind. Man wird nicht fehl gehen, wenn man annimmt, dass die rela-
tiv hohen Strafen im belgischen Recht (in 2 Fällen der Tod) die Veran-
lassung hierzu waren. Das muss man aber als einen falschen Gedanken-
gang und einen unzulänglichen Grund bezeichnen, nicht weil in Belgien
seit 40 Jahren keine Todesstrafe mehr vollzogen worden ist, wohl aber
weil die Strafendifferenz zwischen Totschlag und meurtre, die man unbe-
denklich zusammen gestellt hat, kaum weniger erheblich ist.