Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 25 (25)

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darauf beschränkt, ein Referat über den Inhalt der Schriften des Dubois 
zu geben, sondern dass sie seine Ideen in Zusammenhang bringt mit den 
politischen Zuständen, Vorstellungen, Streitigkeiten und spekulativen Rich- 
tungen der zweiten Hälfte des Mittelalters. Der beherrschende Gedanke, 
welcher sich durch alle Erörterungen Dupo1s’ hindurchzieht, ist die Unab- 
hängigkeit Frankreichs und seines Königs von Kaiser und Papst und die 
Herrschaft des Königs über die Kirche in allen weltlichen Angelegenheiten. 
Das Verständnis seiner Schriften wird durch ihren Zusammenhang mit dem 
Streit Philipps IV. mit Bonifazius VIII. erschlossen. DuBo1s war kein Theo- 
retiker und noch viel weniger ein Systematiker des Staatsrechts, welcher 
es durch neue Gedanken fortgebildet hat, sondern ein Publizist, welcher 
den politischen Interessen des französischen Königs und den nationalen An- 
sprüchen des französischen Volkes diente und ihnen eine wissenschaftliche 
Rechtfertigung gab. Er war in dieser Beziehung ein Vorläufer BopDIns und 
ein Geistesverwandter MACCHIAVELLIs, wenngleich beiden nicht gleich- 
stehend. 
Eine ganz eigenartige Stellung nimmt er aber in der Geschichte des 
Völkerrechts ein, indem er — am Beginn des 14. Jahrhunderts! — den Ge- 
danken an einen europäischen Staatenbund und an ein ständiges Schieds- 
gericht zur Entscheidung völkerrechtlicher Streitigkeiten entwickelt. Frei- 
lich wäre auch diese Einrichtung, wenn sie verwirklicht worden wäre, nach 
den damaligen politischen Zuständen der europäischen Staaten vorzugsweise 
für Frankreich von Vorteil gewesen und hätte Philipp IV. den machtvollsten 
und zugleich gewalttätigsten Herrscher seiner Zeit, zum Schiedsrichter Eu- 
ropas gemacht; der Staatenbund wäre die Form, die Vorherrschaft Frank- 
reichs die Wirkung gewesen, 
Die Abhandlung MEYERS ist mit grosser Literaturkenntnis geschrieben, 
fesselnd durch die Art der Darstellung und reich an geistvollen und origi- 
nellen Gedanken und sie gibt ein anschauliches Bild von der Bedeutung 
eines mittelalterlichen Politikers, der oft genannt wird, dessen Schriften 
aber wohl nur von wenigen gelesen werden. Laband. 
Dr. Walther Schoenborn, Privatdoz. an d. Universit. Heidelberg. Stu- 
dienzurLehre vom Verzichtimöffentl Recht. Tü- 
bingen (J. C. B. Mohr) 1908. 95 S. 
Die Abhandlung ist ausgezeichnet durch die Methode der Untersuchung, 
durch die präzise Feststellung der logischen Kriterien des Begriffs und die 
Folgerichtigkeit der Deduktion. Der vulgäre und laienhafte Gebrauch des 
Ausdrucks „Verzicht“ ist viel weiter als der Rechtsbegriff und kann leicht 
dazu verführen, Tatbestände, welche keine wahren Verzichte sind, diesem 
Rechtsbegriff unterzuordnen; dahin gehören insbesondere der freiwillige 
Nichtgebrauch einer rechtlichen Befugnis, die Unterlassung einer Hand-
	        
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