Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 25 (25)

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man bestimmt, dass für die Feststellung der (segenseitigkeit eine 
amtliche Bekanntmachung erforderlich und genügend sei'”. 
Schliesslich aber bleiben immer noch Fälle, in denen, wie bei 
den 88 102, 103 des deutschen Strafgesetzbuchs, der Richter 
selbst durch Auslegung zu ermitteln hat, was er unter Gegen- 
seitigkeit verstehen will, und dann feststellen muss, ob sie im 
gegebenen Fall vorhanden ist. Er wird dann notwendig zu der 
empirischen Reziprozität geführt werden und sich zu weniger 
strengen Anforderungen bequemen müssen. Ideelle Gegenseitig- 
keit wird er nirgends antreffen. 
3. Hat es demnach das internationale Recht mit der Rezi- 
prozität als einer empirischen Anschauung zu tun, so ist sie 
hier noch von einer Verwertung ihres Namens zu scheiden, mit 
der sie als Rechtsbegriff nichts gemein hat. Es ist dies die 
Gegenseitigkeit als der gedachte Zweck einer Rechtssatzung. 
Heute ist es im nationalen Recht nicht mehr üblich, dass der 
(sesetzgeber seine Motive in den Gesetzestext mitaufnimmt. 
Soweit man sie überhaupt kundgibt, pflegt man sie abgesondert 
mitzuteilen. Diese Praxis gilt auch bei dem internationalen 
Recht, das sich gelegentlich in den sonst rein nationalen Gesetz- 
büchern findet. Anders dagegen verfährt man bei demjenigen 
Teil des internationalen Rechts, der auf Vereinbarung mit 
fremden Staaten beruht, also insbesondere in den Staatsverträgen. 
Hier pflegen die Unterhändler in den Eingangsworten auch die 
Gründe, die zum Vertragsabschluss geführt haben, gemeinsam zu 
redigieren. Das geschieht freilich durchweg in stereotypen All- 
geineinheiten. In Wirklichkeit besteht bei allem internationalen 
1 Vgl. z. B. $2 des deutschen Patentgesetzes vom 7. April 1891 (Reichs- 
gesetzblatt 1891 S. 79) und $ 23 des deutschen Gesetzes zum Schutz der Waren- 
bezeichnungen vom 12. Mai 1894 (Reichsgesetzblatt 1894 S. 441); siehe dazu 
oben 8. 4 Anm. 4. Hierher wäre auch der Fall zu rechnen, dass nach 
Anordnung gegebenenfalls bei einer Verwaltungsstelle angefragt werden 
soll, wo dann die anfragenden Behörden und Gerichte an die Auskunft ge- 
bunden sind. Beispiele bei TRIEPEL S. 352. 
 
	        
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