Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 25 (25)

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Recht, das Zugeständnisse und Vergünstigungen enthält, ein 
Hauptmotiv in dem Wunsch, Gegenseitigkeit herbeizuführen ?°. 
In den: Konventionen legt man sie sachlich grade fest; ander- 
wärts möchte man sie gleichfalls erzielen. Man verpflichtet sich 
rechtlich zu Vergünstigungen für andere, weil man hofft, dass 
sich diese dann zu den gleichen Zugeständnissen bereitwillig 
zeigen werden. Dieser esprit de re&ciprocite, wie GASTON DE 
LevaAL ihn nennt?!, die Erkenntnis, dass einer mit Konzessionen 
vorangehen muss, sollen sich die anderen zu Zugeständnissen 
bequemen, hat mit der Gegenseitigkeit als der Bedingung 
einer Rechtswirkung nichts zu tun. Dort ist es rechtlich gleich- 
gültig, ob die erwartete Mutualität von den anderen wirklich 
gewährt wird oder nicht, hier ist es conditio sine qua non. Mag 
man dort bei der Einsicht, dass das Ziel nicht erreicht wird, 
das gesetzlich eingeräumte Zugeständnis zurücknehmen, so ist 
doch, so lange das nicht geschehen ist, das Zugeständnis rech- 
tens; hier kann die Vergünstigung rechtmässig einem anderen 
nur gewährt werden, wenn feststeht, dass er seinerseits gleich- 
falls dazu bereit ist. Das deutsche Strafgesetzbuch schützt in 
$ 104 den fremden Gesandten und Geschäftsträger vor Beleidi- 
gungen, und zwar unbedingt. Dennoch war das gesetzgeberische 
Motiv die Annahme, dass diesem Vorgang, soweit das noch nicht 
geschehen sein sollte, die Gesetzgebungen der anderen Staaten 
folgen würden. Die Bedingungslosigkeit des gesetzlichen Straf- 
schutzes beruht auf der Gewissheit, dass diese Voraussicht nicht 
2° Siehe FOELIxX p. VI der preface: „Le motif des concessions .. . a 
ete generalement (les faits en sont la preuve) que le souverain ou ses su- 
jets en avaient deja recu ou en esperaient de semblables de la part 
de l’Etat ainsi favorise (ob reciprocam utilitatem; ex comitate)‘‘; ähnlich 
p. 14. Selbst v. Bar, Internationales Privat- und Strafrecht 1862 meint 
S. 587, „dass in völkerrechtlichen Verhältnissen die Beobachtung der Rezi- 
prozität Regel ist, und man nur, wo man selbst anderen Beistand leistet, 
gleiches von anderen erwarten kann.* 
21.6.
	        
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