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Nach dem Ergebnisse unserer Untersuchung gewährt das
bestehende Kommunalrecht den besitzenden Klassen einen aus-
reichenden Schutz gegen eine erzwungene Hergabe ihres Ver-
mögens zur Förderung sozialistischer Veranstaltungen durch die
(semeinde. Dieser Schutz kann sich vielleicht in der Zukunft
als notwendig und unentbehrlich erweisen, wenn eine Erweiterung
des Wahlrechts für die Wahlen der Gemeindeverordneten zu
einer starken Vertretung der Sozialdemokratie in den Stadtver-
ordnetenversammlungen führen sollte. Bei den Beratungen der
bevorstehenden Reform der Staatsverwaltung werden möglicher-
weise auch Erwägungen darüber eine Rolle spielen, in welcher
Weise die Selbstverwaltung der Gemeinden eine Erweiterung
und eine Loslösung von beengenden Fesseln der Staatsaufsicht
erfahren kann. Dabei wird dann folgendes nicht ausser Auge
gelassen werden dürfen: In der Gemeindeverwaltung treten
die wirtschaftlichen Interessen der Gemeindeangehörigen und
ihrer verschiedenen Klassen weit mehr in den Vordergrund als
ın der Staatsverwaltung. Gegenüber dem Verlangen der Un-
bemittelten nach wirtschaftlichen Vorteilen auf Kosten der Be-
mittelten bietet daher eine Gemeindevertretung, welche auf Grund
eines allgemeinen und dem Grade nach wenig verschiedenen
oder völlig gleichen Wahlrechts gewählt und daher von der grossen
Masse der unbemittelten Wähler abhängig ist, keine ausreichende
Gewähr für eine gerechte Handhabung des Steuerrechts der
Gemeinde und für eine gerechte Abwägung zwischen den Leis-
tungen der Gemeinde und den Gegenleistungen der Empfänger.
Infolgedessen wird eine mit wirksamen Mitteln ausgestattete
Aufsichtsbefugnis des Staates auch in Zunkunft nicht entbehrt
werden können. Anderseits darf nicht verkannt werden, dass
auch eine massvolle Sozialpolitik neben der Tätigkeit des Staates
oder des deutschen Reichs nicht lediglich mit Hilfe freiwilliger
Leistungen und Geldbeiträgen von Privatpersonen und Vereinen
durchgeführt werden kann, sondern der Mitwirkung der Ge