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sendung einem Dritten zugefügten Schaden. — Namentlich für
die Telegraphenbeamten bedeutet diese Verantwortlichkeit eine
nicht zu unterschätzende Gefahr. Denn auch bei angespannter
Aufmerksamkeit lassen sich Fehler bei der Uebertragung der
telegraphischen Zeichen in gewöhnliche Schrift und umgekehrt
nicht immer vermeiden. Manchmal mag ein ungenaues Arbeiten
des Apparats die Ursache eines Irrtums des Beamten sein, noch
mehr aber lässt die Eile, mit der in der Regel die Uebermitt-
lung vor sich gehen muss, im Verein mit der die Sinne abstump-
fenden Gleichförmigkeit der Tätigkeit die Möglichkeit der Ent-
stellung des Telegrammtextes als recht naheliegend erscheinen.
Dagegen sind die Fälle, in denen ein Schadenersatzanspruch
wegen Pflichtverletzung gegen Postbeamte von dritten Personen
geltend gemacht wird, verhältnismässig seltener, was vor allem
mit der unten in $ 2 näher zu erörternden verschiedenartigen
Gestaltung der Haftung der Verwaltung aus ihren Verträgen mit
dem Publikum zusammenhängt. Dazu kommt, dass bei der Ver-
stümmelung eines Telegramms, das eine rechtsgeschäftliche Er-
klärung enthält, in der Regel der Absender besonders geneigt
sein wird, sich an den schuldigen Beamten zu halten, da er selbst,
wenn er von dem ihm zustehenden Anfechtungsrecht Gebrauch
macht, dem andern Teil unter Umständen schadenersatzpflichtig
wird (BGB. $ 119 ff.).
Vor dem Inkrafttreten des BGB. stützten sich diese Ent-
scheidungen, sofern das preussische allgemeine Landrecht An-
wendung finden konnte, vor allem auf dessen Vorschriften in
Teil II Titel 10 88 88-91.
ı R. G. Bouze, Bd. 22 Nr. 209, GrucHoTs Beiträge Bd. 43 S. 500.
Lupewig, Die Telegraphie in staats- und privatrechtlicher Beziehung, Leip-
zig 1872 S. 94—95.
Die Vorschriften lauten:
5 88. Wer ein Amt übernimmt, muss auf die pflichtmässige Führung
desselben die genaueste Aufmerksamkeit wenden.