Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 25 (25)

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auf die Mitwirkung mehrerer Staaten angewiesen ist, scheint 
geradezu auf Invizinität zugeschnitten. Jeder Staat hat das 
Interesse, kein grösseres Unrecht auf seinem Gebiet ungeahndet 
geschehen zu lassen; jeder muss die angedrohte Strafe eintreten- 
denfalls mit möglichster Gewissheit auch zur Vollstreckung brin- 
gen können. Seiner territorialen Beschränkung wegen ist aber 
jeder genötigt, den Nachbarstaat um seine Unterstützung zu 
bitten, sobald der Verbrecher die Grenzen des Landes über- 
schritten hat. Umgekehrt befindet sich der Nachbarstaat in der 
gleichen Lage. Und so treibt der konsequente Egoismus, der 
im internationalen Verkehr ein herrschender Faktor ist, die 
Staaten zu allgemeinen Verträgen über die gegenseitige Aus- 
lieferung der Verbrecher °. Charakteristisch kehrt dieser Ge- 
danke in den Einleitungen zu den Auslieferungskonventionen 
immer wieder. Man führt darin regelmässig aus, man habe es 
als zweckdienlich erkannt, eine Uebereinkunft zu treffen „wegen 
gegenseitiger Auslieferung“ der Verbrecher, pour l’extra- 
dition r&eciproque, para la extradicion reciproca; Ver- 
brecher sollten „gegenseitig ausgeliefert werden“, be reci- 
procally delivered up; es sei die Absicht, tot regeling der 
wederkeerige uitlevering einen Vertrag zu schliessen ?®° — 
und wie sonst die Wendungen in den verschiedenen Idiomen 
lauten mögen. Sie alle bringen freiwillig, unfreiwillig zum Aus- 
druck, dass die Abrechnung über die gegenseitigen Ausliefe- 
rungen ergeben hat, man nehme am besten eine Art Aufrech- 
nung vor, indem man nicht mehr jede einzelne Gefälligkeit auf 
der einen Seite durch eine gleiche auf der anderen erwidere, son- 
dern grosszügiger annehme, dass die Summe der Bemühungen 
in Auslieferungssachen, wenn allgemein als Pflicht übernommen, 
auf beiden Seiten in etwa gleich gross sein werde, sodass man 
25 Vgl. die Ausführungen des«deutschen Reichsgerichts bei METTGEN- 
BERG, die Praxis des Reichsgerichts S. 399 fg. 
26 Deutschen Reichsverträgen entnommen.
	        
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