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Also es handelt sich bei der Beschränkung bezw. dem Aus-
schluss der Haftung der Post- und Telegraphenverwaltung für
die Erfüllung ihrer Vertragspflichten um eine Massregel, die im
beiderseitigen Interesse des Publikums wie des Fiskus gelegen
ist. Die Verträge selbst fallen zwar unter das Privatrecht, sind
aber dadurch ausgezeichnet, dass ihr Inhalt im einzelnen nur in
sehr beschränktem Umfang vom Willen der Parteien abhängt,
da Sonderbestimmungen hiefür festbestimmte Normen aufstellen.
— Immerhin, es sind Verträge, aus denen sich gewisse, im Zivil-
rechtsweg verfolgbare Ansprüche der Vertragsparteien gegen-
einander ergeben. Man sollte meinen, die Rechtslage von Gläu-
biger und Schuldner sei damit vollständig und eindeutig um-
grenzt. Das ist aber nicht der Fall, und zwar weil — man
möchte fast sagen zufällig — die eine der Vertragsparteien der
Staat ist. Denn, wohl heisst es, der Staat kann für die Er-
füllung der hier auf dem Gebiet des Post- und Telegraphen-
wesens abgeschlossenen Verträge nicht in vollem Umfang haftbar
gemacht werden; allein man begnügt sich nicht mit dieser auf
Gesetz beruhenden Regelung, sondern man stellt — nach der
heutigen Gerichtspraxis — für die vollständige Erfüllung dieser
Verträge eine Art Bürgen auf, den Beamten, dessen sich der
Schuldner, d. h. die Verwaltung, zur Erfüllung seiner Verbind-
lichkeit bedient, (8278 BGB.) Das geschieht, indem die Vertrags-
pflichten der Verwaltung zu Amtspflichten erklärt werden, die
dem Beamten einem Dritten, hier dem Absender, gegenüber ob-
liegen ($ 839 BGB.); anders ausgedrückt, indem die Nichter-
füllung einer Vertragspflicht zwar nicht den Schuldner, wohl
mm
von den Verwaltungen bisher abgelehnt, etwa gegen eine der Versicherungs-
oder Einschreibgebühr für Briefe entsprechenden Zuschlag zu der Grund-
taxe die Ersatzpflicht auch nur in beschränktem Umfang zu übernehmen.
Damit fällt die für den Postverkehr dem Absender gegebene Möglichkeit,
durch Bezahlung einer höheren Gebühr die Haftung der Verwaltung sich
zu sichern, gegenüber der Telegraphenverwaltung weg.