Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 25 (25)

— 240 — 
In einzelnen Fällen hat der Staat auch die Entschädigung 
des Privaten übernommen, der durch rechtmässige Ausübung der 
staatlichen Gewalt Schaden leidet, so bei der Zwangsenteignung, 
der Entschädigung wegen unschuldiger Verurteilung und wegen 
unschuldig erlittener Untersuchungshaft 5°”. Wie aber, wenn der 
Beamte unter Verletzung seiner obrigkeitlichen Befugnisse, also 
widerrechtlich, durch eine Amtshandlung einem Dritten Schaden 
zufügt? Der Dritte kann sich hier nicht, wie im Privatrecht, 
auf Willenserklärungen des Staats, d. h. seiner Organe berufen; 
er kann nicht Ansprüche aus einem Rechtsverhältnis herleiten, 
dessen Inhalt für beide Teile gleich bindendes Recht darstellt, 
denn ein Rechtsverhältnis im Sinne des Privatrechts besteht nicht 
zwischen dem Staat als Träger öffentlicher Gewalt und dem Pri- 
vaten. Dabei ist die Gefahr der Entstehung von Schaden durch 
rechtswidrige Handlungen eines obrigkeitlichen Beamten beson- 
ders gross, denn der einzelne wird häufig genug nicht wagen, 
vielleicht überhaupt nicht im Stande sein, gegen eine durch 
die Autorität des Staats zunächst gedeckte, rechtswidrige, schä- 
digende Amtshandlung sich zu schützen. 
Ob man den Staat in dieser seiner hoheitsrechtlichen Funk- 
tion für Missgriffe seiner Beamten, die nach der herrschenden 
Lehre stets ein fremdes, nicht eigenes Verschulden des Staats, 
wie es zum Teil aus privatrechtlichem Gebiet angenommen wird, 
darstellen, haftbar machen könne bezw. solle, war zurzeit der 
Beratung des BGB. noch sehr bestritten, und es hat sich auch 
heute noch keine einheitliche Meinung darüber gebildet °°. 
5? Doch beruht diese Entschädigungspflicht des Staats nicht auf einem 
allgemeinen Grundsatz, sondern besteht nur nach Massgabe ausdrücklicher 
Gesetzesvorschrift ; s. GEORG MEYER-ANnSCHÜTZ, Lehrb. d. deutsch. Staats- 
rechts, 6. Aufl. 05 S. 813 ff. 
60° Immerhin geht die Entwicklung sichtlich in der Richtung der Be- 
jahung der Haftung des Staats weiter, nachdem im Anschluss an verschie- 
dene Landesgesetze namentlich süddeutscher Staaten für Preussen und das 
Reich entsprechende Gesetzentwürfe zur Beratung stehen.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.