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Beide Bestimmungen tragen trotz der verschiedenen Aus-
drucksweise des Gesetzes denselben Charakter, sie verleihen ein
klagbares Recht gegen die Verwaltung auf Gewährung dieser Be-
nützung jedem, der von ihren Einrichtungen den ordnungsmäs-
sigen Gebrauch machen will. „Denn wenn der Staat ex lege
verpflichtet ist, mit jedem einzelnen auf dessen Verlangen pri-
vatrechtliche Verträge einer bestimmten Art einzugehen, so kann
nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen die Nichterfüllung dieser
Verpflichtung nur zivilrechtliche Wirkung haben; die Verpflich-
tung ist zwar dem Staat im öffentlichen Verkehrsinteresse auf-
erlegt, aber dieses Motiv ist für die durch den Inhalt bestimmte
rechtliche Natur der Verpflichtung nicht entscheidend“ ®,
Verweigert also ein Beamter vorschriftswidrig die Annahme
einer Sendung oder eines Telegramms, das zur Aufgabe gebracht
werden soll, so haftet die Verwaltung für den etwa daraus ent-
stehenden Schaden nach den Grundsätzen des Privatrechts (BGB.
8 89, 31, 164 ff., 278) 8,
85 Göz, Verw.Rechtspflege in Württ. 8.127. Vgl. auch LABAND a. a. O.
Bd. III S. 77 f£., wo mit Recht auf die Verwandtschaft dieser Verpflichtung
der Post- und Telegraphenverwaltung mit den häufig auch Privatunter-
nehmungen auferlegten Konzessionsbedingungen betr. einen Zwang zur Ein-
gehung von Rechtsgeschäften mit Dritten hingewiesen wird, die ebenfalls
privatrechtliche Verbindlichkeiten des betr. Unternehmens erzeugen. So
Reichsbank, Eisenbahnen, Apotheken usw.
8 S, auch Kamrtz-Deuius a. a. OÖ. Bd. IS. 65; HATScHER a. a. O.
S. 467 ff.; MITTELSTEIN a. a. O. S. 35 ff., RG. Bd. 18 S. 170, wo eine ähn-
liche Frage, die Annahmepflicht einer Eisenbahnverwaltung bezüglich ge-
wisser Sendungen berührt wird. A. A. Laugann a. a.0. Bd. III S. 78;
Luprwie a. a. O. S. 103; ASCHENBORN a. a. O. S. 93 ff. Hier wird u. a.
gesagt, es sei ausgeschlossen, „den Postfiskus aus Anlass von Beförderungs-
geschäften in anderen, als den durch das Postgesetz oder die Postordnung
geregelten Fällen zum Ersatz von Schaden heranzuziehen“. Diese Fassung
dürfte denn doch zu weit gehen. Auch LaBAnD a. a. O. S. 86, will die
Verwaltung unter Umständen bei Verzögerung der Auszahlung von Post-
anweisungsbeträgen für Verzugszinsen aufkommen lassen ; ähnlich das RG.
in einer im Arch. für Post und Tel. 1904 S. 481 aufgeführten Entschei-
dung. — Was das Postgesetz und die Postordnung in ihren entsprechenden