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87. Das Gebiet selbständiger Haftung der
Post- und Telegraphenbeamten gegenüber Dritten.
I. Soweit das pflichtwidrige Verhalten eines Beamten nicht
lediglich die Verletzung privatrechtlicher, dem Fiskus obliegen-
der Verbindlichkeiten zur Folge hat, also nur diesem zugerech-
net werden kann (s. v. 8 4), ist der Beamte selbst nach Massgabe
der 8$ 823 BGB. zum Schadenersatz verpflichtet. Diese Ver-
antwortlichkeit wird besonders dann praktisch werden, wenn der
Beamte bei Gelegenheit seiner dienstlichen Verrichtungen eine
strafbare Handlung begeht, etwa eine „Depesche verfälscht“,
einen „Brief eröffnet oder unterdrückt“, einer Unterschlagung,
Sachbeschädigung usw. sich schuldig macht (RStGB. 88 356
355, 246, 303; BGB. $ 823); doch ist auch z. B. eine fahrläs-
sige Sachbeschädigung als Haftpflichtgrund nicht ausgeschlossen,
ja selbst eine Verletzung fremder, geschützter Interessen im Zu-
Bestimmungen regeln und regeln wollen, ist die Haftung aus rechtsgültigen
Beförderungsverträgen ; vgl. die Fassung von $ 6 Postges.: „im Fall regle-
mentmässig erfolgter Einlieferung“; ebenso $ 11 „Beschädigung des regle-
mentmässig eingelieferten Passagierguts“ ; mit der reglementmässigen er-
folgten Einlieferung ist der Vertrag geschlossen. Ueber sonstige Verbind-
lichkeiten des Postfiskus bestimmt das Postgesetz usw. nichts, daher haben
die allgemeinen Grundsätze zu gelten. Diese waren früher, z. B. im preuss.
A.LR. allerdings teilweise andere als jetzt; ursprünglich mag demnach die
Verwaltung in diesen Fällen nicht gehaftet haben; nicht nach Postgesetz
von 1852, und nicht kraft A.L.R.; — s. Drucks. Nr. 125 d. preuss. Abg.-
Hauses von 1851/52 S. 36. Heute haftet sie als Fiskus nach BGB. wie jede
andere juristische Person des Privatrechte. 8. auch DAMBACH- v. GRIMM
a. a. O. S. 52 Erl. 6 Abs. 3, S. 98 Erl. 37, S. 100 Erl. 39. Leugnet man
den privatrechtlichen Charakter dieser Beziehung zwischen Ver-
waltung und Publikum, so macht sich der betreffende Beamte der Ver-
letzung einer ihm obliegenden Amtspflicht in Ausübung öffentlicher Gewalt
schuldig, er haftet also grundsätzlich nach $ 839 BGB., soweit nicht der
Staat (das Reich) für ihn einzutreten hat (Deuius, Haftpflicht
S. 103 ff.).