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ist, von der Gegenseitigkeit abzusehen. Hier entbindet sich
auch England im letzten Absatz des Art. 1 von jeder Pflicht,
Nationale auszuliefern. Und ebenso wird in Art. III des Ver-
trages mit Serbien vom 6. Dezember bezw. 23. November 1900
(CLARKE p. 405 des appendix) in die absolute discretion beider
Regierungen gestellt, ob Nationale ausgeliefert werden sollen
oder nicht. Man muss deshalb die Positionen der Royal Uom-
mission in ihrem Einfluss als völlig transitorisch bezeichnen.
Deshalb schreibt WESTLAKE (vol. 1 p. 243), indem er gleich-
zeitig die These der Oxforder Tagung des Institut de Droit In-
ternational heranzieht, in neuester Zeit: „The treaties are needed
in order to secure fair treatment to the persons whose extradi-
tion is claimed or granted, and, it may be added, in order to
secure rTeciprocity between states which national pride com-
monly demands, although that condition is not called for either
by justice to the persons surrendered or by the real interest of
the state into the territory of which they have found their way“.
Der frühere Präsident des Instituts würde nicht verfehlt haben,
die Abweichung der englischen Praxis von diesem missbilligten
Grundsatz festzustellen, wäre sie in der Tat vorhanden.
Die Auslieferungsgesetze bezw. -verordnungen von Japan
(3. August 1887), Liberia (24. Januar 1893), Mexiko (19.
Mai 1897) sind mir nicht zugänglich geworden. Doch handelt
es sich bei ihnen, soweit meine Kunde reicht, um Rezeption
europäischer, besonders wohl englischer Anschauungen.
Um zu den Ländern überzugehen, die Auslieferungsgesetze
nicht besitzen, seien zunächst die Vereinigten Staaten
von Nordamerika genannt. Ihre beiden auf die Aus-
lieferung bezüglichen Acts (CLARKE p. 78 foll. des appendix)
kann man nicht wohl als Auslieferungsgesetze bezeichnen, da sie
eine auch nur annähernd erschöpfende Regelung des Ausliefe-
rungswesens sowenig enthalten, wie etwa das bayrische Gesetz,
die Auslieferung von Verbrechern betreffend, vom 16. Mai 1868