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ist er auf Grund seiner Souveränität stets in der Lage. Es ist
vielmehr die Frage, wie eine solche Handlung gerechtfer-
tigt werden kann, worin sie ihre naturale und vernünftige
Ratio findet*?. Damit ist also ein direkter Gegensatz zwischen
seiner und unserer Methode von vornherein geschaffen.
Auf Grund seiner rechtsphilosophisch-nationalökonomischen
Untersuchungen kommt STIER-SOMLO zu dem Ergebnis, das
Eigentum sei „die entweder durch Arbeit gewonnene oder auf
einem befugten Willen beruhende oberste Sachherrschaft, welche
unter dem Einflusse der Gesellschaft entständen und in den von
dieser gezogenen Grenzen zu rechtlicher Anerkennung gekom-
men ist“ ®,
Was nun diese Grenzziehung anbetrifft, so erfolgt sie „unter
Berücksichtigung des geschichtlich Gewordenen®. Dabei ist also
zu beachten, dass sie nicht äusserlich erfolgt, nachdem bereits
das Eigentum fertig entstanden ist, sondern dass die Grenze dem
Eigentum immanent ist, dass sie mit ihm geboren wird und sich
ausweiten und verengen kann. In Wirklichkeit ist das „keine
Beschränkung, sondern eine Anweisung auf Innehaltung der
natürlichen Grenzen“ ®,
Hätte sich STIER-SomLoO damit begnügt, „die naturale und
vernünftige Ratio“ für die Beschränkungen des Eigentums nach-
gewiesen und „ein soziales Eigentum“ de lege ferenda verkündet
zu haben, so wäre dadurch der juristisch-dogmatische Standpunkt
nicht alteriert worden. Er glaubt aber dem gewonnenen Begriffe
eine positive Geltung zusprechen zu können.
Dabei findet er, dass in allen Rechtssystemen der „wirtschaft-
lich-naturale“ Eigentumsbegriff verschieden sei von einem „juri-
stisch-logischen“. Letzterer sei aus praktischen Grün-
den aufgestellt, um die Lebensverhältnisse „in Formeln fassen zu
?® STIER-SOMLO a. a. O. S. 286; vgl. auch S. 311 a. E.
’a.a. 0. S,. 304.
2.2.0.8. 310.