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Dieser Vorwurf ist ungerechtfertigt, schon vom rein sprach-
lichen Standpunkte aus. Denn man mag das Eigentum schlecht-
hin als „schrankenlos“, „absolut“ u. a. m. oder, im Hinblick
auf die Beschränkungen, als die „ihrer Natur nach unbedingte
Macht“ oder „das seinem Inhalte nach unbeschränkte Recht der
Herrschaft über eine Sache“ oder ähnlich bezeichnen, immer ist
bei diesen Definitionen ausdrücklich gesagt oder stillschweigend
hinzugedacht, dass durch eine gesetzliche Beschränkung jene
Wirkung des Eigentums in gewissem Umfange paralysiert werden
kann. „Das Eigentum ist... nicht ein indem Sinne ab-
solutes Recht, dass es nicht gesetzlich zum Schutz der Interessen
Dritter beschränkt wäre °®.
Aber das würde die Behauptungen von STIER-SOMLO noch
nicht entkräften. Er meint, dass die Rechtsvorschriften, durch
welche die Beschränkungen des Eigentums erfolgen, mit dessen
Unbeschränktheit „unvereinbar“ seien. Aus dialektischen Grün-
den könne man die Unbeschränktheit im Angesichte der stets
vorhandenen Beschränkungen nicht als Regel oder Prinzip hin-
stellen, sondern umgekehrt?!. Darauf ist aber zu erwidern, dass,
wenn man wie z. B. SCHEURL??, das Eigentum als „regelmässig“
unbeschränkt hinstell, man damit nicht, wie im tatsächlichen
Sinne, ein factum, sondern im übertragenen Sinne gerade ein
principium meint. Das ist lediglich die in der Rechtswissen-
schaft oft angewendete Bezeichnung, nach welcher „regelmässig“
soviel wie „prinzipiell“ bedeutet. Das nimmt wohl auch STIER-
SoMLO in diesem Falle an. Aber gleich darauf sagt er, dass
„regelmässig unbeschränkt“ soviel bedeute wie „unregelmässig
beschränkt“. Das ist nur ein Wortspiel. Eine solche logische
Kehrseite hat der Begriff nicht. Wendet man „regelmässig“ in
seinem eigentlichen Wortsinne an, dann ist das Eigentum natür-
20 ENNECCERUS-LEHMANN, Bürgerl. Recht Bd. 2 8. 140.
?ı STIER-SOMLO a. a. O. 8. 319.
22 STIER-SOMLO a. a. O. S. 319 bei Anm. 70.