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Eigentumsrechtes im Zusammenhange stehen — die sogen. nega-
tive Seite des Eigentums —, so liegt darin ein Widerspruch ®!.
Das Nachbarrecht beseitigt denselben und schafft eine Harmonie
der sich entgegenstehenden Interessen der einzelnen Eigentümer.
Dort also, wo eine nachbarrechtliche Eigentumsbeschränkung vor-
liegt, handelt es sich um die Abgrenzung des Eigentumsrechtes
des einen gegen das eines anderen.
Aus der Natur des Nachbarrechtes geht insbesondere her-
vor, dass die privatrechtlichen Beschränkungen des Eigentums
der Polizei gegenüber wirksam sind. Gesetzt den Fall, das
Grundstück des A wirke über die Grenze hinaus auf das des B
ein, und zwar so, dass dadurch das letztere in eine polizeiwidrige
Beschaffenheit gerät. Nimmt man an, dass das Eigentum los-
gelöst von seinen gesetzlichen Beschränkungen zu betrachten sei,
sodass diese der Polizei gegenüber ohne Bedeutung sind, dann
müsste entweder der römischrechtliche Eigentumsbegriff akzeptiert
oder das Eigentum „an sich“ für unbeschränkt erklärt werden.
Abgesehen davon, dass dies mit dem herrschenden Eigentums-
begriffe nicht in Einklang stünde, müsste in diesem Falle sowohl
A als auch B als Rechtssubjekt hingestellt werden: der eine auf
Grund der positiven, der andere auf Grund der negativen Seite
seines Eigentums 3!2. Das wäre aber nicht allein widersinnig, son-
dern es entspräche auch der klaren und deutlichen Bestimmung
des Bürgerlichen Gesetzbuches: soweit nicht das Gesetz entge-
gensteht ?*,
Der in der Rechtsprechung anerkannte Satz, dass sich die
Polizei an Privatrechtsverhältnisse nicht zu kehren hat, bleibt
davon unberührt. Denn dies sind entweder rechtsgeschäftlich
&1ı Die Forderung: innerhalb der Grenzen des Grundstücks sei nur von
der positiven Seite Gebrauch zu machen, heisst nichts anderes, als unter
Berücksichtigung von 8 905 BGB.
$la Vgl. vorige Anm. und Muacnax a. a. O. S. 143.
#2 Vgl. ENNKECCERUS-LEHMANN u. a. O. Bd 2 8. 139.