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vatrechts, und zwar hauptsächlich die des
Nachbarrechtsin Betracht. An diese hatsich
die Polizei bei ihrem — nach öffentlichem
Rechte zu beurteilenden — Eingreifen zu kehren.
8 3. Die öffentlichrechtliche Seite der Frage:
I. Die Staatsgewalt überhaupt.
Es gilt nunmehr nachzuweisen, wie das öffentliche Interesse
gegenüber dem Eigentum zur Geltung gebracht werden kann.
Die Antwort darauf gibt allein eine Betrachtung der öffentlich-
rechtlichen Seite der Frage.
Die heutige Staatsgewalt hat ihre Anfänge genommen in
den Territorien, dem „Staate der landesherrlichen Hoheits-
rechte“°®®, In diesem kamen dem Landesherrn verschiedene Be-
fugnisse zu, sogen. Hoheitsrechte ®°, deren jedes auf einem be-
sonderen (Privat-) Rechtstitel beruhen musste. Grerichtsbarkeit,
Zollrecht, Münzrecht, Judenschutz bieten Beispiele dafür.
Durch allerhand Umstände gefördert, vollzog sich allmählich
der Prozess der Vereinigung fast aller denkbaren Rechte in der
Hand des Monarchen. Er erlangte eine absolute Gewalt. Die-
ser Rechtszustand bildet den allumfassenden Polizeistaat des
17. und 18. Jahrhunderts. Er kennzeichnet sich durch seine
Allmacht. Diese reicht soweit, als ihr nicht Rechte des Staats-
bürgers. entgegentreten®. Der staatlichen Herrschaft kommt
grundsätzlich die Freiheit zu, der einzelne aber ist prinzipiell
beschränkt, soweit er eben nicht „wohl erworbene Rechte“ gegen
den Staat besitzt. Die Begründung dieser Allmacht des Staates
liegt in der Beförderung der irdischen Glückseligkeit der Unter-
tanen. Alles, was diesem Zwecke dient, kann und soll der
85 Ueber das Nachstehende vgl. OTTO Mayer a. a. O. Bd. 1 8. 23 ff.
®° Eine Analogie zu diesen Rechten schafft GIERKE, D. Privatr. Bd. 2
S. 407 ff, Er spricht von einer „Militärhoheit‘, „Telegraphenhoheit*, „Forst-
hoheit“, „Berghoheit*, „Wegehoheit“ des modernen Staates.
7 Göz a. a. O. S. 171.