Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 25 (25)

— 305 — 
Verwaltung ihrer Freiheit beraubt wird. Durch das öffentlich- 
rechtliche Verhältnisse betreffende Gewohnheitsrecht braucht 
nämlich der „Vorbehalt“ des Gesetzes keineswegs angetastet 
zu werden. Man braucht nur die Bildung von Gewohnheitsrecht 
innerhalb der allgemeinen Schranken des Gesetzes sich ent- 
stehend denken. Dazu ist nötig, dass man die weitgehenden 
Ermächtigungen der Behörden als Gesetz im Sinne der Ver- 
fassungen betrachtet!, Wenn auch nicht contra 
legem’?!, sokann sich doch mindestens praeter 
legem auch auf öÖffentlich-rechtlichem Ge- 
biete Gewohnheitsrecht als Norm für obrig- 
keitliche Tätigkeit bilden. Esistergänzendes 
Gewohnheitsrecht!’®. 
Dem gegenüber hält die Befürchtung, „dass die Ver- 
waltung sich die nötigen Rechtssätze durch längere Uebung 
selbst erzeugen könnte“ !?*, dass „gewohnheitsmässiges Unrecht“ 
allmählich zu Recht werden könnte, nicht Stand. Vielmehr 
liegt darin für die Vergangenheit wie für die Zukunft gerade 
eine Garantie gegen Willkür in der Verwaltung. Je allgemeiner, 
je weitgehender die Grenzen für eine staatliche Tätigkeit sind, 
desto mehr ist die Bildung spezieller Gewohnheitsrechtssätze 
nötig gewesen und noch nötig!°’*. 
Der formale Standpunkt, dass der Verwaltung die Fähig- 
keit, Rechtssätze zu produzieren abgehe, entbehrt also jeder 
inneren Berechtigung. Wenn einer Behörde zur Durchführung 
130 Dies tut aber z. B. OrtTo MAyer nicht; vgl. oben bei Anm. 105. 
131 Die Möglichkeit der Bildung von derogatorischem Gewohnheitsrecht 
braucht für den vorliegenden Zweck nicht untersucht zu werden. 
132 OpTo MAYER a. a. O. Bd. 1 S. 134 erkennt dies nur für das „neue 
Gewohnheitsrecht“ an, die Observanz. 
133 OTTo MAYER a. a. OÖ, Bad. 18. 131. 
132 STIER-SOMLO, Die Einwirkung S. 131 sagt, dass „Auslegung; 
Rechtssätze entwickelnde, aus dem allgemeinen Grundsatze die Besonder- 
heiten ableitende Tätigkeit“ nicht ausgeschlossen sei für die Bildung von. 
Gewohnheitsrecht ; vgl. auch a. a. O. S. 132. 
Archiv für öffentliches Recht. XXV. 2. 20
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.