Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 25 (25)

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zelnen, die äussere (arenze der betreffenden Norm, und anderer- 
seits die Grenzlinie, an welcher das freie Ermessen der Behörde 
beginnt, der innere Umfang des gesetzlichen Rahmens. Durch 
die Rechtsprechung erhält jeder Rechtssatz erst seinen eigent- 
lichen „lebensvolleren Inhalt“ (Rosın.. Man kann behaupten, 
dass auf diese Weise in Preussen und neuerdings in Sachsen 
ein Polizeirecht erst eigentlich geschaffen worden ist, und dies 
beruht einzig und allein auf „der schöpferischen Kraft der Juris- 
prudenz“ (KOHLER). 
Was das Wesen des Gerichtsgebrauches anbetrifit, so ist 
derselbe „die allgemeine, gleichförmige und. lahgjährige Uebung 
eines Rechtssatzes durch die Gerichte des Rechtsgebietes“ 1‘, 
„In Deutschland hat man die Erkenntnis der schöpferischen 
Kraft der Jurisprudenz vielfach durch die Frage getrübt, ob 
denn die Wissenschaft eine Rechtsquelle sei“. Es ist richtig, 
dass dem richterlichen Urteile keine allgemein verbindliche Autori- 
tät zukommt; denn der staatliche Wille stattet es nur mit bin- 
dender Kraft für den einzelnen Fall aus. Aber die in vielen 
sich wiederholenden Fällen nach den gleichen Rechtsprinzipien 
ergehenden Urteile erstarken schliesslich zum Gewohnheitsrecht !*#: 
„Es ist die Autorität des Zeitgeistes, welcher sich durch die 
kontinuelle Reihe von Richtersprüchen Bahn bricht — denn die 
Kontinuität der Richtersprüche manifestiert, dass nicht die Auf- 
fassung des einzelnen, sondern die Auffassung der Zeit zur Gel- 
tung gelangt“ !**, 
So kommen wir zu dem Ergebnis: Die Einzelrechte 
unddamitauch das Eigentum sind der öffent- 
lichen Gewalt gegenüber grundsätzlich frei. 
  
147 DERNBURG, Pandekten S. 62; GIERKE a. a. OÖ. Bd. 1 S. 178, 179, 
vgl. auch S$. 159. 
1 Vgl. Jahrb. d. sächs. OVG. Bd. 9 S. 200: „jedenfalls kann eine 
solche Recht schaffende Kraft nur einer sich ständig gleichbleibenden Recht- 
sprechung zuerkannt werden“. 
4# KOHLER a. a. OÖ. S. 295.
	        
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