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eine wissenschaftliche begriffliche Formulierung jener Grenzen
nicht gelungen.
A. Der Begriff der Polizei in seiner geschichtlichen Entwicklung.
Ueberblicken wir die Lehre vom Polizeibegriff !’!, so findet
sich, dass der letztere zunächst immer mehr eingeengt wurde.
Nachdem das Wort im Zeitalter der Renaissance von Frank-
reich zu uns gekommen ist, versteht man im 16. und 17. Jahr-
hundert unter „Polizei“ die weltliche Ordnung, die gesamte staat-
liche Tätigkeit mit Ausnahme der Rechtspflege, die res politiae,
im Gegensatze zu den kirchlichen Dingen, den res ecclesiae !??,
Seit dem 18. Jahrhundert kennt der „Polizei“-staat das Wort
nur noch im Sinne der heutigen „inneren Verwaltung“ 153, Da
diese nur nach Zweckmässigkeitsrücksichten geführt wurde, so
charakterisiert sich auch der Polizeibegriff durch das Zweck-
moment. Es knüpft sich seit dieser Zeit eine eigentliche Polizei-
wissenschaft daran. Was das Naturrecht und die politischen
Systeme als das „allgemeine Beste“ hinstellten, „für die zeitliche
Glückseligkeit der Untertanen förderlich“ erachteten, das galt
als Staatszweck, Polizeizweck '’*. Eine unerträgliche Bevormun-
dung war die Folge davon >,
„Diese Omnipotenz erträgt jedoch kein in seinen einzelnen
Gliedern bis auf einen gewissen Punkt gleichmässig entwickeltes
und durchgebildetes Volk“, So macht sich denn auch in der
Theorie, und zwar schon in der zweiten Hälfte des 18. Jahr-
151 Ueber die Geschichte des Polizeibegriffs vgl. die Literatur bei STIER-
SOMLO a. a. O. S. 279 Anm. 3, sowie S. 281 Anm. 4.
152 ],ÖNING, Art. „Polizei“ i. Handw. d. Staatsw. Bd. 6 S. 109; SCHIL-
LING, Die Entwicklung des Polizeibegriffs i. preuss, Recht Verw.Arch. Bd. 2
S. 474; MEYER-ANSCHÜTZ, Staatsrecht 1905 S. 556; vgl. auch Orro MAYER
a. a. O, Bd. 18. 245.
5° SCHILLING a. a. O. S. 475.
"53 Vo]. OTTO MAYER a. a. O. Bd. 1 S. 246 Anm. 5.
#5 WOLZENDORFF, Die Grenzen der Polizeigewalt Bd. 2 S. 31.
#6 v. SARWEY, Allg. Verw.Recht S. 16.