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der die Polizei als die auf Abwehr von Störungen der öffent-
lichen Ordnung gerichtete staatliche Tätigkeit sich darstellt,
wenn sie wirklich von praktischem Werte sein sollte, auch von
einer theoretischen Wichtigkeit, insofern man bei der Begrifts-
bestimmung der Polizei von dem „gesetzten“ Recht ganz ab-
sieht und sich fragt, in welchem Umfange darüber hinaus die
Polizei ein Recht zu Eingriffen hat. Da es sich hier, wie wir
ausgeführt haben, nur um Gewohnheitsrecht handeln kann, so
ist eine über das Gesetzesrecht hinausgehende Befugnis der
Polizeibehörde tatsächlich nur zur „Abwehr von Störungen“
denkbar. Denn die Bildung von Gewohnheitsrecht ist eben nur
durch Gewohnheit, nur auf empirischem Wege möglich, d. h.
nur hinsichtlich der Zwecke, die das Volksbewusstsein durch
seine Entwicklung als „nötige“ anerkennt, und das ist die „Er-
haltung“ seiner materiellen und immateriellen Güter. Daher
wird der Verwaltung zur „Abwehr von Störungen“ derselben —
ob durch bestimmte einzelne, ob durch andere Ursachen bleibe
noch dahingestellt — ein Recht des Eingriffes in die Individual-
rechte von der allgemeinen Rechtsüberzeugung zuerkannt.
Nun fragt es sich, ob diese engere, an OTTO MAYER sich an-
schliessende Auffassung, tatsächlich von praktischer Bedeutung
oder was dasselbe ist, ob die Behörden aus derselben wirklich
ihre Befugnisse in allen Fällen ableiten können. Diese Frage
ist aus zwei Gründen zu verneinen. Auf der einen Seite ist die
Behörde nicht zur Abwendung jeder Störung berufen, —
OrTTo MAYER gibt das selbst zu — sondern nur derjenigen, die
das öffentliche Gewohnheitsrecht als solche enthält. Das kann
in letzter Hinsicht nur der Richter feststellen. Selbständig
Zwecke zu finden und sie mit Zwang durchzusetzen kommt der
Verwaltung weder zur Wahrung des öffentlichen Interesses noch
auch hinsichtlich der blossen Abwehr von Störungen zu. Auf
der anderen Seite ist, wie wir oben bereits angedeutet haben,
die Otto Mayersche Definition nichts anderes als ein anderer
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