— 328 —
durch eine vergleichende Darstellung der Gesetzgebung und Recht-
sprechung!”. Doch ergeben sich auf spekulativem Wege gewisse
Resultate.
Wenn die gute Ordnung des Gemeinwesens durch die Poli-
zei erhalten werden soll, so kommt dies in letzter Linie wieder
dem Individuum zugute. Das öffentliche Interesse ist nichts anderes
als das Interesse der die Gesellschaft bildenden einzelnen. Die
Wahrung des öffentlichen Interesses durch die Polizei bedeutet
daher zugleich Wahrung von Lebensinteressen der einzelnen.
Aber „der Begriff der öffentlichen Ordnung geht nicht so-
weit, dass er alles, was die Interessen des öffentlichen Wohles
(Gemeinwohls) angeht, umfasst“ 1%. Eine Abgrenzung im Sinne
der alten Sicherheitstheorie müsste man wohl gegenüber 8 10
II. 17 ALR., nicht aber gegenüber dem Gewohnheitsrechtssatz
des sächsischen Rechtes machen. Jedoch, da auch die alte
Sicherheitstheorie eine scharfe Abgrenzung nicht zu ermöglichen
vermochte, muss unter öffentlicher Ordnung alles das begriffen
werden, was nach den Bedürfnissen der Zeit sich in der allge-
meinen Rechtsüberzeugung niedergeschlagen hat.
Immerhin ist daran festzuhalten, und darin liegt, wie wir
bereits oben ausgeführt haben, die fundamentale Bedeutung des
öffentlich-rechtlichen Gewohnheitsrechtes, dass der materiellrecht-
liche Polizeibegriff die „Erhaltung“ der öffentlichen Ordnung
umfasst. Diese ist aber nicht im Sinne jener doktrinellen Ab-
grenzung zu verstehen, welche die auf Wohlfahrtsbeförderung
gerichtete staatliche Tätigkeit der Polizei vorenthält. Denn nicht
die Theorie kann die Verhältnisse des Lebens und ebensowenig
die Rechtsverhältnisse beherrschen, sondern umgekehrt!’ Die
Polizei hat vielmehr ihr Augenmerk auf den
Zustand des Gcmeinwesens zu richten, welcher
19% Vgl. hierüber unten 8 6.
185 Vgl. v. ARNSTEDT, Preuss. Polizeirecht Bd. 2 S. 365.
188 Vgl. IHERING, Geist d. röm, Rechts Bd. 3 S. 321.