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„öffentliche Störungen und Gefährdungen der Sittlichkeit zu be-
seitigen und zu verhüten“ hat, ist sie berechtigt, soweit „als es
das zu schützende öffentliche Interesse erfordert“, soweit also
iıre Massnahmen „zu dem zu verfolgenden Zwecke im richtigen
Verhältnisse stehen und die Grenzen des Nötigen und Gebotenen
einhalten“, den einzelnen in seiner persönlichen Freiheit zu be-
schränken. (Urt. v. 1. November 1905, Jahrb. Bd. 8, S. 196 ff.)
Das ÖOberverwaltungsgericht erklärt sogar die Polizei für
berechtigt, gegen ein sogen. Aufsatzinstitut vorzugehen. „Poli-
zeiliches Einschreiten ist zweifellos da am Platze, wo es sich um
die Beseitigung oder Verhinderung eines unsittlichen Treibens
handelt, das die gute Ordnung in erheblichem Masse stört oder
gefährdet.“ Im vorliegenden Falle hat die Allgemeinheit ein
wesentliches Interesse daran, „dass die Schüler der höheren
Lehranstalten ... . nicht zur Täuschung ihrer Lehrer verleitet
werden, und dass die gedeihliche Ausbildung der Jugend frei
von Erschwerungen der hier in Betracht kommenden Art bleibt“.
(Urt. v. 25. Juli 1906, Jahrb. Bd. 9, 8. 212 ff.)
Die Polizei ist befugt, gegen Konkubinate einzuschreiten.
Wenngleich die „Bestrafung“ derselben gesetzlich nicht normiert
ist, so ist doch die in einer Verfügung angedrohte polizeiliche
Zwangsstrafe anders zu beurteilen. Für Sachsen ist daher an
der Zulässigkeit des polizeilichen Einschreitens gegen das dem
Ehestande ähnliche Zusammenleben ehelich nicht verbundener
Personen nicht zu zweifeln, „zumal die sächsische Praxis bei
solchem Einschreiten von jeher den Gesichtspunkt der Verhütung
einer Störung der Öffentlichen Ordnung, der guten Ordnung des
(Gemeinwesens in den Vordergrund gestellt hat“. Die Begrün-
dung glaubt der Gerichtshof „vornehmlich in der Notwendigkeit
eines Schutzes des einen Grundpfeiler', des Staatslebens bilden-
den Instituts der Ehe“ zu finden, das dadurch „in seinem staats-
erhaltenden Werte herabsinkt und an der zum Gedeihen des
Gemeinwohles erforderlichen Achtung einbüsst“. Dazu kommt,
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