Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 25 (25)

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1. Ueber das Verhältnis von Eigentum und Polizei im 
besonderen. 
Eine sonderbare Behandlung lässt der Gerichtshof dem Falle 
zu Teil werden, wo der Nachbar an seiner Handstickmaschine 
von früh bis spät abends arbeitet und den Eigentümer durch 
den Lärm stört. Statt die Klage einfach damit abzuweisen, 
dass es sich dabei lediglich um eine nachbarrechtliche privat- 
rechtliche Beziehung handelt, wird ausgeführt, dass die Polizei 
nur einzuschreiten habe, wenn die Beeinträchtigungen Dritter 
„über das Mass (!) dessen hinausgehen, was die Allgemeinheit, 
das Publikum, und daher auch der einzelne als unvermeidliche 
Folge des gesellschaftlichen Beisammenlebens der Menschen... 
ertragen muss“. Die Polizei hätte lediglich — vermöge ihres 
Amtes! — eine vorläufige Anordnung treffen dürfen. (Urt. v. 
27. April 1901, Jahrb. Bd. 1, 8. 43 ff.) 
Durch die Neuerrichtung einer verheerten Stauanlage seitens 
des Rittergutspächters ist ein polizeiwidriger Zustand geschaffen 
worden. Zur Beseitigung dieses Zustandes ist allein der Ur- 
heber verpflichtet, nicht aber die Rittergutsherrschaft. (Urt. v. 
3. August 1901, Jahrb. Bd. 1, S. 203 ff.) 
Es besteht „das Interesse an einer freien und schönen Ent- 
wicklung der Städte“, sodass auch dieses „ästhetische Interesse“ 
heutzutage in Fällen der Erschliessung neuen Baugeländes von 
der Baupolizeibehörde beachtet werden muss. (Urt. v. 19. Okt. 
1901, Jahrb. Bd. 1, 8. 313 ff.) 
Eine eingehendere Begründung — als in dem weiter oben 
erwähnten Urteil — gibt das Oberverwaltungsgericht bei einer 
anderen nachbarrechtlichen Einwirkung durch Geräusch und Er- 
schütterungen. „Störungen der guten Ordnung des Gemein- 
wesens“ liegen darnach nur vor, wenn die nachbarrechtlichen 
Beeinträchtigungen einerseits über das Mass des als notwendige 
Folge des gesellschaftlichen Nebeneinanderlebens der Menschen
	        
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