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keine anderen Bedingungen gestellt ist als die des modernen
Rechtsstaates überhaupt: die Unantastbarkeit der In-
dividualrechte einerseits und die Forderung der Gesetz-
mässigkeit der Verwaltung andererseits. So dürften
auch diese Erörterungen zu der Erreichung des einen Zieles bei-
tragen, „dass selbst gegen den Herrscher Staat dem letzten Bürger
im Lande sein Recht wird“ (FLEINER).
Literatur.
Egon Zweig, Die Lehre vom Pouvoir Constituant. Ein Bei-
trag zum Staatsrecht der französischen Revolution. Tübingen, Mohr
1909, XV u. 482 8,
Zu den folgenreichsten politischen Vorstellungen der neueren Zeit zählt
die von der Existenz einer die Staatsordnung schaffenden, und daher über
ihr stehenden Gewalt, die dem Willen des vereinigten Volkes unveräusser-
lich zusteht. In ihren Anfängen, wie so viele spätere Lehren vom Staate
in Hellas und Rom ausgebildet, setzt sie sich in kurialistischen und scho-
lastischen Lehren fort, die die theoretische Begleiterscheinung der grossen
Kämpfe um Ursprung und Grenzen der geistlichen und weltlichen Gewalt
bilden. Ihre grosse Bedeutung offenbart diese Theorie aber erst in den
weltgeschichtlichen Umwälzungen, die mit der Reformation beginnen und
in den drei grossen Revolutionen der Engländer, der Amerikaner und der
Franzosen ihren Höhepunkt erreichen. Vor allem aber war es die franzö-
sische Revolution, welche das Sammelbecken der demokratischen Lehren
der gesamten Vergangenheit darstellend, den pouvoir constituant zum
Grund- und Eckstein ihrer Staats- und Verfassungskonstruktion erhebt.
Diese konstituierende Gewalt in ihrer Bedeutung für den grossen Um-
bildungsprozess des französischen Staates durch die Revolution und wäh-
rend der Revolution darzustellen, hat sich Zweie als Aufgabe gesetzt, die
er in dem vorliegenden umfassenden Werke zu lösen unternimmt. Und er
hat sich diese Aufgabe keineswegs leicht gemacht, Das Buch beschränkt