Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 25 (25)

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konstituierenden Gewalt ausgebildet und ihr eigenartige Seiten abgewonnen 
haben, beschäftigt sich ZweEi@ inbesondere mit CONDORCET, der in Deutsch- 
land wenig gekannt, erst in neuerer Zeit in Frankreich in seiner Bedeutung 
für den revolutionären Ideenkreis eingehender gewürdigt wurde. Die von 
ihm entworfene girondistische Verfassung ist weiteren Kreisen erst durch 
den Wiederabdruck in der Sammlung französischer Verfassungsgesetze von 
DueuIT und MOoNnNIER zugänglich geworden. Schon die Tatsache, dass 
CONDORCFRT die Volksinitiative bei Verfassungsänderungen, die Einsetzung 
von Konventen als Repräsentanten der konstituierenden Gewalt und plebis- 
zitäre Genehmigung der Konventsbeschlüsse verficht, sichert ihm eine be- 
deutsame Stellung in der Geschichte der revolutionären Ideen und recht- 
fertigt die eingehende Darstellung, die ZwEIG seinen Ideen in verschiedenen 
Partien seines Werkes zuteil werden lässt. 
Den Kern des Buches bildet die überaus gründliche Erzählung der 
Schicksale, die dem pouvoir constituant in den Ideen der Franzosen von 
1789 bis zum 18. Brumaire beschieden waren. Zu diesem Zweck hat ZwEie 
namentlich das reiche Material verarbeitet, das die Archives parlamentaires 
und die von AULARD herausgegebene Zeitschrift „La Revolution frangaise“ 
darbieten, obwohl er sich keineswegs darauf beschränkt, sondern mit wahrem 
Bienenfleiss die ganze neuere Literatur nach Zusammenhängen mit seinem 
Gegenstand durchforscht hat. Die Darstellung ist wesentlich die referierende 
des Historikers, obwohl es an staatsrechtlich-kritischen Bemerkungen nicht 
mangelt. So wird uns denn das Durcheinanderwogen individueller Ansichten 
in Parlamentsdebatten, Berichten, Erklärungen und Büchern vorgeführt und 
dort, wo nicht schliesslich ein klarer Gesetzestext oder ein negatives Votum 
sich als Resultat des Meinungskampfes ergibt, keine ganz sichere Entscheidung 
darüber gewonnen, welcher jener Ansichten damals der Sieg gebührt hatte. 
Sehr dankenswert wäre es gewesen, wenn ZwEIG am Schlusse sei es jedes 
einzelnen Kapitels, sei es des ganzen Werkes zusammenfassend mitgeteilt 
hätte, was er für das unanfechtbare Ergebnis aller dieser Kämpfe hält. Die Wir- 
kung des Buches wäre dadurch zweifellos gesteigert worden. Ebenso wäre 
ein gründlich gearbeitetes Personen- und Sachregister für die literarischen 
Schicksale des Werkes von grosser Bedeutung geworden, da zu befürchten 
ist, dass bei dem Umfange des Buches unverdienterweise viele Tatsachen 
und Bemerkungen, die es birgt, unbeachtet bleiben werden. Bei dem un- 
heimlichen Anschwellen der Literatur handelt jeder in eigenem Interesse, 
der dem Leser nach Kräften die Benutzung seiner Werke erleichtert. 
Die Lehre vom pouvoir constituant hat ihre Bedeutung keineswegs 
in der französischen Revolution erschöpft. Sie spielt im politischen Leben 
Amerikas, woher sie seinerzeit auf Frankreich gewirkt hatte, fortdauernd 
ihre grosse Rolle und zwar nicht nur in den Vereinigten Staaten. Sie lebt 
in mehreren europäischen Staaten sichtbar fort, nicht minder aber unausge- 
Sprochen in den verfassungsändernden Institutionen anderer Staaten oder als
	        
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