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Parlament, sich zusammensetzend aus Parlamentsbeschluss und
Sanktion im materiellen Sinne.
Die herrschende Lehre unter Labands Führung leugnet jede
Teilung der Staatsgewalt zwischen Fürst und Parlament (Volk)
noch mit der Erwägung, dass der Landtag keine obrigkeitlichen
Herrschaftsrechte (imperium) über die Untertanen besitzt; er
könne niemandem unmittelbar etwas befehlen oder verbieten, den
Staat in keinem Falle vertreten, staatlichen Willen nicht zur
Ausführung bringen. Seine Beschlüsse seien, von einzelnen Aus-
nahmefällen (Wahlprüfung, Ministeranklage, Regentenwahl) ab-
gesehen, nicht an die Untertanen, sondern an den Landesherrn
oder die Regierung adressiert. Dem Landtag stünden nur die
ihm ausdrücklich zugesprochenen Rechte zu. Jede Kundgebung
an das Volk sei ihm verboten; nur mit der Regierung dürfe er
verkehren. Besonders wird aber hingewiesen auf die von etlichen
deutschen Verfassungen übernommene Bestimmung der franz.
Charte v. 1814 Art. 22: „Der König allein sanktioniert und
promulgiert die Gesetze“. Sanktion, wird gelehrt, ist Ausstat-
tung eines Rechtssatzes mit verbindlicher Kraft. Der Gesetzes-
befehl geht also allein vom Fürsten aus, nur den Gesetzesinhalt
bestimmt das Parlament mit; nur er beruht auf Vereinbarung.
Das spezifische Wirken der Staatsgewalt, das Herrschen, kommt
nicht in der Herstellung des Gesetzesinhaltes, sondern in dem
Erlass des Gesetzesbefehls zur Geltung. Die Ungeteiltheit der
Staatsgewalt (im subjektiven Sinne), der Staatsträgerschaft ist
erhalten.
Allein Sanktion heisst in jenen Gesetzesbestimmungen nicht
Erlass des Gesetzesbefehls, sondern Vollzug d. h. feierliche Er-
klärung desselben. Die betreffenden Verfassungen erwähnen den
Fürsten bei Ordnung des Gesetzgebungsverfahrens zweimal. Ein-
mal und zwar zuerst sagen sie: „Ohne die Zustimmung des Land-
tages darf kein Gesetz erlassen werden“ oder der Oharte fol-
gend: „Die gesetzgebende Gewalt wird von König und Land-