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tag gemeinsam ausgeübt“. Und dann schreiben sie ebenfalls der
Charte folgend: „Der Fürst sanktioniert die Gesetze und macht
sie bekannt“. Hieraus folgt: Sanktionieren bedeutet unmöglich
Erlass des (Gesetzesbefehls. Sonst würde der Gesetzgeber ja
sagen zuerst: „Der Fürst erlässt das Gesetz gemeinsam mit dem
Landtag“ und dann: „er erlässt es allein“. Sanktion kann hier
nur heissen: feierliche Erklärung des vorher schon zustandege-
kommenen Gesetzgebungswillens; diese bedarf nicht auch der
Unterschrift der Parlamentspräsidenten, woran zu denken wäre,
weil Fürst und Parlament den Gesetzgebungswillen gemeinsam
herstellen. Dazu kommt: wenn die Volksvertretung nicht zuge-
stimmt hat, ist das ganze Gesetz, nicht bloss der Gesetzesinhalt
nichtig. Deshalb bezieht sich die Zustimmungsbefugnis nicht bloss
auf den Gesetzesinhalt, sondern auf den Gesetzesbefehl. Sanktio-
nieren heisst „bestätigen“. Daher muss vorher das Parlament
etwas Ganzes, also auch den Gesetzesbefehl, hergestellt haben.
Wo bliebe ferner die Selbstregierung des Volkes, die in der Mit-
wirkung des Parlamentes doch ihren Ausdruck finden soll? Richtig
ist nur: das Parlament darf nicht allein einen unmittelbar die
Untertanen verpflichenden Akt vornehmen.
Scharf tritt das Wesen der Verfassungsmonarchie hervor,
wenn gerade das Gesetzgebungsrecht des modernen Verfassungs-
freistaates gegenübergestellt wird. Hier gilt der Satz: die gesetz-
gebende Gewalt üben allein die Kammern aus. Le pouvoir legislatif
s’exerce par deux Assemblees. Le Senat a, concurremment avec 1a
Chambre des deputes, la confection des lois (franz. V.G. v. 25. u.
24.2. 75). Der Präsident besitzt nur suspensives Veto. Das wirkt bis
in das Rangrecht nach. Wohl betreffen Rangunterschiede nur
Aeusserlichkeiten. Aber sie bilden doch regelmässig den Aus-
druck sachlicher Verschiedenheiten. An sich müssten in der
Republik den obersten Staatsrang der Präsident des Senats, den
zweiten der Präsident der Kammer der Abgeordneten einnehmen.
Das ist allerdings nicht der Fall. Der Präsident der Republik