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Faden die Lehrmeinung, dass der Staat ein Organismus sei.
Indes, es ist nicht ein deutscher Gelehrter gewesen, der
jene Ansicht bis in ihre letzten Konsequenzen durchgeführt hat,
sondern HERBERT SPENCER®.
Der englische Philosoph argumentiert etwa folgender-
massen °:
Wenn wir sehen, dass bei einem Säugetiere die Unterdrük-
kung der Tätigkeit der Lungen sehr bald das Herz zum Still-
stand bringt; dass, wenn der Magen seine Dienste nicht mehr
leistet, auch alle übrigen Teile nach und nach tätig zu sein auf-
hören; dass Lähmung der Glieder zuletzt für den ganzen Körper
den Tod infolge Mangel an Nahrung oder infolge der Unfähig-
keit, den Gefahren zu entfliehen, nach sich zieht, so können wir
nicht umhin einzusehen, dass die gegenseitige Abhängigkeit der
Teile ein sehr wesentlicher Charakterzug ist. — —
Dagegen wird sich nichts einwenden lassen. Eben weil bei
einem Organismus die einzelnen Teile vollständig voneinander
abhängig sind, finden jene Störungen statt, die zum Untergang
des ganzen Organismus führen können, sobald ein Teil ver-
sagt. —
® Es kommen in Betracht: Die Prinzipien der Soziologie, sowie Einlei-
tung in das Studium der Soziologie. Seine Ansicht schon niedergelegt in
dem Essay: The social organism. Essays I, S. 388—432. Er gibt S. 388, dem
Ausspruch des J. MACINTOSH, „that constitutions are not made, but grow“
recht, beweist ihn mit dem Schicksal UROMWELLs $S. 391f., polemisiert
dann S. 392 fi. gegen die ähnlichen, aber zu „vagen“ Ansichten PLATOs
und HoBB&s, deren Fehler auf das Fehlen der Physiologie zu-
rückzuführen sind; „for by art, says HOBBEs, is created that great Levia-
than called a Commonwealth“ S.395: damit kann sich SPENCER gar nicht ein-
verstanden erklären. Er geht dann, S. 395 ff. die Gleichheiten und Ver-
schiedenheiten von Gesellschaften mit Einzelorganismen durch und dringt,
S. 401 ff., in die Einzelheiten ein. Er kommt zum Schluss, S. 432: Such,
then, is a general outline of the evidence which justifies, in detail, the
comparison of societies to living organisms.
° Das Folgende herausgegrifien aus den vielen Vergleichen nach Prin-
zipien II, S. 9f.