Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 25 (25)

— 44 — 
Weiter aber hat gerade KAnT eine Anschauung über das Gesell- 
schaftsleben der Menschen gewonnen, die eine seichte Uebertra- 
gung des Organismusbegriffes auf den Staat hätte verhindern 
müssen !”, 
Er hatte darin schon einen Vorgänger, THOMAS HoBBEs. 
Dessen- Ansicht über das Sozialleben der Menschen ist neu und 
bedeutet einen Bruch mit dem bis dahin geltenden Grundsatz 
ARISTOTELES: 6 dvdpwnogs pbceı noArtındv Coovß, 
Die beiden Autoren, die KAnT zeitlich am nächsten stehen, 
MOoNTESQUIEU und ROUSSEAU, waren in dieser Hinsicht ganz an- 
derer Ansicht wie er. 
MOoNTESQUIEU besonders!®. Nach ihm sind vier Naturge- 
  
  
praktischen Zweckmässigkeit — der menschlichen Kunst oder auch der 
Sitten — ganz unterschieden, ob er zwar nach einer Analogie mit derselben 
gedacht wird.“ Ebenda S. 372: „Gleichwohl wird die teleologische Beur- 
teilung, wenigstens problematisch, mit Recht zur Naturforschung gezogen; 
aber nur, um sie nach der Analogie mit der Kausalität nach Zwecken unter 
Prinzipien der Beobachtung und Nachforschung zu bringen, ohne sich an- 
zumassen, sie danach zu erklären.“ Die Analogie ist ein recht prekäres 
Induktionsverfahren; es hat G. JELLINEK recht, dass „die Analogie zwi- 
schen Naturorganismus und Staat bei vorsichtiger Anwendung inner- 
halb gewisser Grenzen nutzbringend werden kann.“ (System 8.40.) 
Ueber die Termini „Organ“ und „organisieren“ vgl. ebenda S. 37 und Anm, 
daselbst. 
7 „Auf die Gestaltung der kantischen Rechtsphilosophie hat diese neue 
Staatsauffassung — nämlich die Auffassung des Staates als eines Organis- 
mus — nicht mehr entscheidend einwirken können“ sagt E. KAUFMANN 
a. 2. 0.8. 7. Mit gutem Grunde, wie wir gleich sehen werden. 
18 ARISTOTELES Politika A, I, 9. Diese Ansicht spukt immer noch; so 
behauptet A. Lasson, Prinzip S. 24, dass die Menschen schon von Natur 
den Zwang in sich tragen, in der Gemeinschaft zu leben und der rechtlichen 
Ordnung derselben unterworfen zu sein, kannte doch auch Hvao GROTIUS 
den appetitus societatis, der den Menschen von Natur eigen wäre. So sagt 
L. von Hans, Staat S. 12: „Infolge ihrer individuellen Hülflosigkeit fühlen 
die Menschen das Bedürfnis, sich staatlich (sic!) zu einen: der Staatstrieb 
ist dem Menschen angeboren, der letztere also in der Tat insoferne ein 
Chov roArtınöv.“ 
ı L'esprit des lois S. 127 ff. Eine kurze, aber treffende Kritik MoNTES- 
QUIEUS von Montague in J. BENTHAM, A fragment on gouvernement 8. 23 ff.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.