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Weiter aber hat gerade KAnT eine Anschauung über das Gesell-
schaftsleben der Menschen gewonnen, die eine seichte Uebertra-
gung des Organismusbegriffes auf den Staat hätte verhindern
müssen !”,
Er hatte darin schon einen Vorgänger, THOMAS HoBBEs.
Dessen- Ansicht über das Sozialleben der Menschen ist neu und
bedeutet einen Bruch mit dem bis dahin geltenden Grundsatz
ARISTOTELES: 6 dvdpwnogs pbceı noArtındv Coovß,
Die beiden Autoren, die KAnT zeitlich am nächsten stehen,
MOoNTESQUIEU und ROUSSEAU, waren in dieser Hinsicht ganz an-
derer Ansicht wie er.
MOoNTESQUIEU besonders!®. Nach ihm sind vier Naturge-
praktischen Zweckmässigkeit — der menschlichen Kunst oder auch der
Sitten — ganz unterschieden, ob er zwar nach einer Analogie mit derselben
gedacht wird.“ Ebenda S. 372: „Gleichwohl wird die teleologische Beur-
teilung, wenigstens problematisch, mit Recht zur Naturforschung gezogen;
aber nur, um sie nach der Analogie mit der Kausalität nach Zwecken unter
Prinzipien der Beobachtung und Nachforschung zu bringen, ohne sich an-
zumassen, sie danach zu erklären.“ Die Analogie ist ein recht prekäres
Induktionsverfahren; es hat G. JELLINEK recht, dass „die Analogie zwi-
schen Naturorganismus und Staat bei vorsichtiger Anwendung inner-
halb gewisser Grenzen nutzbringend werden kann.“ (System 8.40.)
Ueber die Termini „Organ“ und „organisieren“ vgl. ebenda S. 37 und Anm,
daselbst.
7 „Auf die Gestaltung der kantischen Rechtsphilosophie hat diese neue
Staatsauffassung — nämlich die Auffassung des Staates als eines Organis-
mus — nicht mehr entscheidend einwirken können“ sagt E. KAUFMANN
a. 2. 0.8. 7. Mit gutem Grunde, wie wir gleich sehen werden.
18 ARISTOTELES Politika A, I, 9. Diese Ansicht spukt immer noch; so
behauptet A. Lasson, Prinzip S. 24, dass die Menschen schon von Natur
den Zwang in sich tragen, in der Gemeinschaft zu leben und der rechtlichen
Ordnung derselben unterworfen zu sein, kannte doch auch Hvao GROTIUS
den appetitus societatis, der den Menschen von Natur eigen wäre. So sagt
L. von Hans, Staat S. 12: „Infolge ihrer individuellen Hülflosigkeit fühlen
die Menschen das Bedürfnis, sich staatlich (sic!) zu einen: der Staatstrieb
ist dem Menschen angeboren, der letztere also in der Tat insoferne ein
Chov roArtınöv.“
ı L'esprit des lois S. 127 ff. Eine kurze, aber treffende Kritik MoNTES-
QUIEUS von Montague in J. BENTHAM, A fragment on gouvernement 8. 23 ff.