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gefasste Vielheit von Menschen“®®, Gegen diese Definition wird
sich kaum etwas einwenden lassen, denn sie umgrenzt trefflich
den Staatsbegriff: eine herrschende Gewalt, die die Menschen,
bezw. Familien zu einer Einheit, zum Staatsvolk zusammenfasst,
und zwar auf abgegrenztem Gebiet; der Staat ist also „die mit
ursprünglicher Herrschermacht ausgestattete Gebietskörper-
schaft“ 70,
Juristisch lässt sich der Staat nur erfassen als Person *!.
lung lässt sich keine andere Grenze denken, als wenn sich in ferner Zu-
kunft einmal die ganze Menschheit zu einem einzigen organisierten Gemein-
wesen zusammenschliessen und der Tatsache, dass sie nur die Glieder Eines
grossen Ganzen umfasst, einen sichtbaren Ausdruck verleihen sollte.* Vgl.
dazu auch K. V. FRICKER, Problem 8. 397 f., der mit Recht sagt: „Wer
diese Tendenz sich als Streben nach dem Ziele des Weltstaats vorstellt,
ist schwerlich auf dem Abwege.“
698 G. JELLINEK, Staatslehre S. 69; vgl. ebenda S. 419 f., S. 103, weiter
S. 173: „Der Staat ist die mit ursprünglicher Herrschermacht ausgerüstete
Verbandseinheit sesshafter Menschen.‘ Derselbe, System S. 21: „Der Staat
ist eine Personeneinheit auf territorialer Grundlage.“ E. HÖLDER, Staat S. 636,
definiert: „Der Staat ist das Zusammenbestehen der Vielheit der Menschen
als Einheit.“ Das ist der Gesellschaftsbegriff an sich, wie ihn E. HöLDER
Ss. 645 ja selber gibt.
7 G. JELLINEK 8. 176.
?1 Diese Ansicht wieder zur herrschenden gemacht zu haben ist das
Verdienst E. ALBRECHTS; in der Kritik von R. MAURENBRECHERS Grund-
sätze des heutigen deutschen Staatsrechts, und zwar in den Göttingischen
gelehrten Anzeigen, Jahrgg. 1837 S. 1491 f.; er sagt: „Wir werden not-
wendig dahin geführt, den Staat als juristische Person zu denken.* Gegen
diese Theorie C. F. GERBER, Ueber öffentliche Rechte S. 15 ff., bes. S. 20
u. 8. 22; doch hat GERBER in seinen Grundzügen 9. 2 Anm. 2, 8. 228 fl.
diese Gegnerschaft selber widerrufen: „Die Auffassung des Staats als eines
persönlichen Wesens ist die Voraussetzung jeder juristischen Konstruktion
des Staatsrechts.“ Diese Anschauung ist nunmehr durchgedrungen; C. BERG-
BOHM, Staatsverträge S. 103: Staat als „Gesamtperson“; E. Lönıne, Ver-
waltungsrecht S. 9; „Wird der Staat, wie dies für die juristische Betrach-
tung notwendig ist, als Persönlichkeit aufgefasst“ usw. Vgl. K. V. FRICKER,
Persönlichkeit, bes. S. 30 und Problem S. 398; J. KoHLER a. a. O. 8. 142;
bes. BERNATZIK, Kritische Studien 8. 185 ff.;, G. JELLINEK, System $. 28 fi.;
P. LABAnD, Deutsches Staatsrecht I, S. 52 ff.