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Es ist für ihn ein Axiom, dass er in einer Gesellschaft sei.
Man hat nun ausgeführt?!, sobald sich eine Gemeinschaft
einmal gebildet, so entstehe eine Regierung, die dieselbe in Ord-
nung erhalten muss. Wenn nicht eine solche gebildet würde —
über die möglichen Formen derselben brauchen wir für unsere
Zwecke keine Auskunft —, so verblieben die einzelnen wie in
einem Naturzustand, „ohne einen Richter auf Erden, der ihre
jeweiligen Rechte bestimmt und ihre jedesmaligen Verstösse ein-
dämmt.“
Sicherlich haben wir ein Essentiale der Gesellschaft auch
in der herrschenden Grewalt zu sehen, ohne die die betr. Gemein-
schaft in eine blosse Horde auseinanderfallen würde”. Es ist
unbedingt notwendig, dass die oberste Gewalt vorhanden ist °?,
damit die zwischen den Gliedern der Gemeinschaft entstehenden
Streitigkeiten schiedlich und friedlich und für immer geschlichtet
werden. Denn zwischen Personen, die nicht Glieder einer ge-
nügend mächtigen und dauernden Gesellschaft sind, können die
zwischen ihnen ausbrechenden Zwistigkeiten nur beendet werden
durch die Vernichtung des einen oder des andern der Präten-
denten®. Das letztere soll gerade nicht sein in der Men-
—
vı W. BLAOKSTONE, Commentaries I, S. 47: For when society is one for-
med, government results of course, as necessary to preserve and to keep
that society in order. Unless some superior were constituted, whose com-
mands and decisions all the members are bound to obey, they would still
remain in a state of nature, without any judge upon earth to define their
several rights, and redress their several wrongs.
92 MONTESQUIEU a. a. OÖ. S. 130: Une societe ne sauroit subsister sans
un gouvernement. Zu beachten ist dabei K. V. FRICKER, Persönlichkeit
S. 30: „Die ganz richtige Ansicht, welche den Staat Person nennt, wurde
dahin verkehrt, den Staat als Person dem Volk gegenüberzustellen, ihm
eine Herrschaft zuzuschreiben, in der Staatsgewalt den Ausdruck dieser
Herrschaft, den Willen jener Person zu erblicken und den Regenten als ju-
ristischen Vertreter derselben aufzufassen.*
® Vgl. auch E. HöLDER, Staat S. 625 f.
®: Abbe de St. PIERRE, Projet I, S. 10: Ainsi il est visible qu’entre per-