Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 25 (25)

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auch mehr Ausnahmen vor; denn die Regel ist, dass der einzelne 
für die immensen Vorteile, die er dafür geniesst, sich an die 
Rechtsvorschriften hält. 
Heute gerade, mehr wie früher jemals, wird jeder Mensch 
in eine Gemeinschaft hineingeboren. Er kann auch später nicht 
mehr auf die Dauer gleich einem Wargus streifen, da alle be- 
wohnbaren Teile der Erde von Menschengesellschaften, in der 
Hauptsache Staaten, inne gehalten werden. Gibt er also die eine 
(semeinschaft auch auf, so gerät er in eine andere und muss 
sich dem Recht dieser fügen, deren Zwang unterwerfen. 
Und er kann es auch, ohne Hintergedanken. Denn gerade 
die Gesellschaft ermöglicht ihm, sein Leben als Mensch zu führen. 
Für die willkürliche Freiheit, die er aufgibt — deren sich übri- 
gens die Menschen durch eine Art Anpassung an das Gesell- 
schaftsleben schon längst entwöhnt haben, wenn auch Rückfälle 
vorkommen — für jene also erhält er die gewährleistete, die gesetz- 
liche Freiheit; ein Gut, das uns beinahe selbstverständlich dünkt, 
dessen wahren Wertaber nur der zu beurteilen vermag, der seinen 
Blick lenkt auf die Jahrtausende, die es bis zur Erreichung 
dieses Zieles gedauert hat, und auf die äusseren und inneren 
Kämpfe und Mühen, die dazu notwendig gewesen sind. 
In der Gemeinschaft liegt des Menschen Stärke. Dem Men- 
schen ist es nur als C@ov noAttıxöv möglich geworden, der Herr 
der Erde zu werden, und nur innerhalb der Gesellschaft vermag 
er menschenwürdig zu leben. Da nun „ohne Staat keine Er- 
füllung menschlicher Gemeinzwecke möglich ist, so ist für jeden, 
der sich nicht ausserhalb der Gesellschaft stellen will, Hingabe 
an den Staat sittliche Notwendigkeit“ !*, Der Staat selber hat 
ohne Griff, das den mit verletzt, der es führt. Strafen ist eine empfind- 
liche Bürde des Staats, und eine willkürlich zu übende Strafbefugnis ist 
seiner unwürdig. Solche Selbstbelastung darf der Staat nur vornehmen 
infolge erkannter Pflicht; soweit er diese Pflicht nicht auffindet, ist seine 
Pflicht, nicht zu strafen.“ 
14 5, JELLINEK, Staatslehre S. 257.
	        
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