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Kann landesgesetzlich der Erwerb oder die
Veräusserung von Grundeigentum einge-
schränkt werden?
Von
Geheimrat Professor Dr. ARNDT in Königsberg.
Für die Frage, ob landesgesetzlich der Erwerb oder die
Veräusserung von Grundeigentum beschränkt werden kann, kommt
es auf die Auslegung zweier Gesetze an: des Gesetzes über die
Freizügigkeit vom 7. November 1867 und des Bürgerlichen Ge-
setzbuchs. Besondere Schwierigkeiten für die Auslegung bereitet
das erstere Gesetz, da es allgemeine Prinzipien aufstellt,
deren Durchführung in alle Konsequenzen sich von Anfang als
absolute Unmöglichkeit erweist. & 1 des Freizügigkeitsgesetzes
lautet: „Jeder Bundes-(Reichs-) Angehörige hat das Recht, inner-
halb des Bundes-(Reichs-)Gebietes: 1. an jedem Ort sich aufzu-
halten oder niederzulassen , wo er eine eigene Wohnung oder
ein Unterkommen sich zu verschaffen imstande ist.“ Danach
müsste jedes Kind das Recht haben, seinen Eltern, jeder Lehr-
ling seinem Meister, jedes Gesinde seiner Herrschaft, jeder Sträf-
ling dem Gefängnis, jeder Soldat von dem Posten fortzulaufen,
vorausgesetzt, dass er irgendwo eine eigene Wohnung oder ein
eigenes Unterkommen sich zu verschaffen imstande wäre. Dies
ist sicher vom Gesetzgeber nicht gemeint, noch gewollt!. Aehn-
!S. auch REHM im Handwörterbuch der Staatswissenschaften (2. Aufl.)
Bd. III S. 1261.