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Tale zu geben. Schon ein Blick auf das internationale Recht
zeigt, dass die Frage nicht schlechthin zu bejahen ist. An kon-
ventionellen Gewässern ist die Gebietshoheit des Staats beschränkt.
Flüsse verbinden Länder und Staaten. Daraus erwachsen Rechte
und Verbindlichkeiten, die zeigen, dass nicht alles, was technisch
möglich und finanziell gewinnversprechend ist, auch rechtlich er-
laubt sei. Man denke sich z. B., die technische Ausführbarkeit
vorausgesetzt, eine Ablenkung der Donau innerhalb Bayerns
nach dem Main hin. Müsste Oesterreich es sich gefallen lassen,
dass durch Bayern die Donau von Oesterreich ab und nach dem
Rhein hingelenkt würde? Ganz gewiss nicht! Was aber einem
fremden Staate recht ist, das ist auch innerhalb eines Staats-
gebietes einer Gegend, einem Tale, einer Stadt gegenüber billig
zu berücksichtigen.
Auf den Bestand und die Nutzbarkeit einer öffentlichen
Sache besteht für die Nutzenden ein in der öffentlichen
Natur der Sache selbst begründetes Recht. Ob man dieses Recht
als ein subjektives jedes Einzelnen anzusehen habe oder nicht;
mag dahingestellt bleiben. Sicher aber hat eine Stadt an Lauf
und Stärke des Flusses, an dem sie im Wandel der Jahrhunderte
erwachsen ist, ein nicht nur historisch, sondern auch juristisch
begründetes Recht. Zwar kann sie nicht ein absolut bestimm-
tes Wasserquantum, wohl aber so viel Wasser beanspruchen, als
der Fluss ihr von altersher brachte und nach seiner natürlichen
Beschaffenheit in Zukunft zu bringen verspricht.
Das Wassergesetz hat diesen von jeher als Recht geachteten
Grundsatz nicht berührt. Es gibt auf die oben gestellte Frage
nach dem Ablenkungsrechte des Staates keine andere Antwort
als diejenige des Art. 2, der sagt: „Die öffentlichen Gewässer
stehen im Eigentum des Staates“. Aus den Motiven zu dieser
Bestimmung geht hervor, dass man sich dabei nicht mehr ge-
dacht hat, als die Worte wirklich sagen. Die Bestimmung soll
vor allem ausdrücklich anordnen, was schon bisher rechtens war,