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sind. Bei jedem Auslieferungsvertrag handelt es sich darum,
das Gemeinsame in verschiedenen Strafrechtssystemen zu ermit-
teln und zu einheitlicher Wirksamkeit zusammenzufassen. Dabei
ist es unumgänglich, dass man, um das Gemeinsame zu kenn-
zeichnen, auf die Begriffe der nationalen Rechtsgebiete zurück-
greift, dass man die Anschauungen, die hier Geltung haben, in
das internationale Recht hinüberzieht. Das kann aber nur dann
ernsthaft geschehen, wenn man gleichzeitig die den Begriffen und
Anschauungen eigentümliche Sprache mithinübernimmt. Wenn
der deutsch-griechische Vertrag den „meurtre“ für
auslieferungspflichtig erklärt, so bedarf es eines Umweges über
französisches Recht, und eines weitläufigen Interpretationsver-
fahrens, ehe man zu der Feststellung gelangen kann, es werde
der „Totschlag“ des deutschen Strafgesetzbuchs damit gemeint
sein *”. So hat es einen guten Sinn, dass man die vereinbarten
Rechtspflichten in der Sprache des nationalen Rechts umschreibt.
Und, wäre sie auch schon Grund genug, so handelt es sich
dabei doch nicht allein um die Erreichung grösserer Verständ-
lichkeit, um die Erleichterung der praktischen Handhabung, son-
dern gleichzeitig um die Herstellung sachlicher Mutualität, die
auf andere Weise, wenn überhaupt, doch ungleich schwerer fest-
zuhalten wäre. Man kann dem nicht entgegenhalten, dass ge-
rade die notwendige formelle und materielle Verschiedenheit der
beiden Vertragsausfertigungen geeignet sei, die Gegenseitigkeit
aufzuheben, dass man ihr jedenfalls mit einer einheitlichen Be-
urkundung, die von beiden Teilen gleichmässig als verbindlich
anerkannt würde, besser genugtun könne. Denn diese Ausfüh-
rung verkennt, dass man trotz der einheitlichen Redaktion wegen
ihrer fremdsprachlichen Fassung genötigt ist, die vereinbarten
Bestimmungen in nationale Rechtsanschauungen zu übersetzen.
Man tut nur einen Schritt, den man sogleich zurücktun muss.
Es ist nicht die Absicht, dass ein Vertrag den Beteiligten gegen
47 Vergl. METTGENBERG, Praxis des Reichsgerichts S. 422 fg.