Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 25 (25)

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niemals als Strafe ausgesprochen wird“ (S. 25). Ein anderes Beispiel 
gibt S. 122: „Der Satz: ‚Der Hund wird zu zwei Tagen Gefängnis verur- 
teilt‘ ist kein Strafurteil; das Subjekt ist untauglich. Denn Subjekt kann 
nur ein Mensch sein“. Unterscheiden wir: Für den Satzbau ist der Hund 
hier Subjekt. Für die Verurteilung durch Strafurteil könnte er aber doch 
wohl nur als Objekt in Betracht kommen, als untaugliches selbstverständ- 
lich, im Gegensatz zum Menschen, der ein taugliches Objekt dafür ist. 
Besonders stark neigt natürlich zu solchen Verschiebungen der Begriff 
Urteil. Der Verfasser behandelt z. B. S. 168 fi. ausführlich den Fall der 
Naturalisation eines Russen, welche das Gothaische Ministerium nachträg- 
lich wieder aufhob, weil der Naturalisierte die Unterbehörde durch falsche 
Vorspiegelungen zu der Annahme des Vorhandenseins der gesetzlichen Vor- 
aussetzungen geführt hatte, Das Preuss. OVG. hat dies, ohne bestehendes 
zu beseitigen, nur nicht gelten lassen. Der Verfasser meint: es käme dar- 
auf an, was das Ministerium mit seinem Erlasse habe sagen wollen; habe 
es gemeint: „Die Naturalisation war absolut nichtig“ („vielleicht war der 
Russe, als er den Antrag stellte, wahnsinnig oder bezecht“; 8. 171), dann ist 
das „ein Feststellungsurteil mit möglichem Inhalt“. Als solches binde es 
aber auch das Preuss. OVG. 
Hier scheint mir vor allem der Tatbestand verschoben zu sein. Es ist 
nicht möglich, verschiedene Alternativen in ihn hineinzulegen, wie der Verfasser 
tut. Das Ministerium hat einfach den ergangenen und wirksam gewor- 
denen Verwaltungsakt wegen eines Fehlers in seiner Entstehung nachträg- 
lich für ungültig erklärt und wieder aufgehoben. Bis dahin bestand er also in 
Wirksamkeit, obwohl ihn der Russe erschwindelt hatte, und er hätte ebenso in 
Wirksamkeit gestanden, wenn der Russe „bezecht“ gewesen wäre. Wenn es 
aber wirklich auf die Feststellung „absolut unwirksam“ abgesehen gewesen 
wäre, warum sollte gerade nur dann (im Gegensatz zum Falle der „Aufbe- 
bung“) das OVG. gebunden sein? Der Verfasser meint: weil es sich eben 
dann um „ein Feststellungsurteil“ handelt, ein „rechtliches Feststellungs- 
urteil“, um einen „Schluss aus einem Tatsachenurteil als Untersatz und dem 
Inhalt der Rechtsordnung als Obersatz“ (8. 27). „Diesen Urteilen muss 
dann aber auch eine Eigenschaft innewohnen, ohne die das Urteil eine 
Meinungsäusserung bliebe: die materielle Rechtskraft“ (8. 172). „Muss“! 
Ebenso erscheint es dem Verfasser selbstverständlich, dass diese Rechts- 
kraft des Ausspruches der Verwaltungsbehörde (ausdrücklich: der Verwal- 
tungsbehörde, nicht bloss des Verwaltungsgerichts) für das ganze Reichs- 
gebiet wirkt, demgemäss auch das Preuss. OVG. bindet (8. 173). Und war- 
um das? Das rechtskräftige Urteil zwingt die Gerichte „kraft der ihm 
innewohnenden Fiktion“ (8. 194)! — Wenn das Gothaische Ministerium 
wirklich gesagt hätte, was ihm der Verfasser vorschlügt, so hätte es sich wohl 
ein Urteil gebildet in der Form des logischen Schlusses, wie der 
Verfasser sein Feststellungsurteil bezeichnet. Aber das Urteil, für welches
	        
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