Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 25 (25)

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die. Sie verrät einen hervorragenden Fleiss und ein bedeutendes juristi- 
sches Wissen des Autors und ist von einem wissenschaftlichen Ernst, welcher 
das jugendliche Alter des Verfassers nicht vermuten lässt. Auch kann 
dem letzteren die Anerkennung dafür nicht versagt werden, dass er sich 
an eine der schwierigsten und kompliziertesten Materien herangewagt hat, 
um eine fühlbare Lücke in unserer Rechtaliteratur auszufüllen. Es vermag 
ihm daher auch nicht zum Vorwurfe zu gereichen, wenn nicht alles, was 
er zur Ausfüllung dieser Lücke bietet, Zustimmung finden dürfte. 
Die folgenden Zeilen wollen ohne Anspruch auf Vollständigkeit nur 
einiges Wenige aus dem hervorheben, worin den Behauptungen der Arbeit 
nicht beigepflichtet werden kann. 
Die Einteilung der staatlichen Tätigkeitsformen auf psychologischer 
Grundlage dürfte als verfehlt zu bezeichnen sein, ebenso wie das Vorbild, 
an das sie sich, wohl unbewusst, anlehnt, nämlich die LORENZ VON STEIN- 
sche Unterscheidung der staatlichen Funktionen in Wille und Tat. Wahr- 
nehmen, Denken und Wollen ist nicht das Charakteristische der drei vom 
Verfasser aufgestellten Kategorien staatlicher Akte, sondern das Wollen 
ist im allgemeinen allen dreien gemeinsam. Es ist der Wille, und zwar 
rechtlich qualifizierter Wille, Staatswille, welcher die rechtlich relevante 
Staatstätigkeit charakterisiert. Allerdings sind Ausnahmen hievon denkbar, 
öffentliche Akte ohne, ja gegen den Willen des mitwirkenden öffentlichen 
Organes. Ein Beispiel dieser Art erwähnt der Autor S. 40, nämlich die 
Entgegennahme des Ehekonsenses nach tridentinischem Eherechte. Diese 
Fälle wären getrennt von den anderen zu behandeln gewesen, denn sicher- 
lich stimmen die Voraussetzungen ihrer Gültigkeit nicht ganz mit jenen 
der gewollten Staatsakte überein. Im übrigen kommt auch bei der Ent- 
gegennahme. von Erklärungen der Wille, die Bereitschaft des Staatsorganes 
in Betracht. Dies verkennt der Autor, wenn er S. 40 unter Berufung auf 
8 1317, Abs. 1, Satz 2, BGB. behauptet, die Entgegennahme der Erklärung des 
Ehekonsenses durch den Standesbeamten könne nicht „materiell falsch“ ge- 
nannt werden, sondern nur das „Öffentlich-rechtliche Rechtsgeschäft“, wo- 
mit der Beamte die Verlobten „ermächtigt, rechtlich relevante Erklärungen 
abzugeben“. Ein solches Rechtsgeschäft gibt es geradesowenig wie etwa 
eines, wodurch der Richter‘ den Zeugen zur Aussage oder der Nachlass- 
richter den präsumtiven ehelichen Vater eines verstorbenen Kindes zur An- 
fechtung der Ehelichkeit nach $ 1597 BGB. „ermächtigt“. Erforderlich ist 
nur die „Bereitschaft“, d. h. der Wille zum Anhören. $ 1317 spricht da 
keine Ausnahme, sondern ein Prinzip aus, und nur historische Gründe, in 
letzter Linie der Gegensatz zum kanonischen Recht, haben zur Formulie- 
rung des allgemeinen Prinzipes an dieser besonderen Gesetzesstelle geführt. 
Massgebend für die beabsichtigte Dreiteilung der staatlichen Tütigkeits- 
äusserungen hätte nur das unmittelbare Objekt des Staatswillens sein 
können, und der Verfasser hätte daher, in seiner Terminologie, etwa zu
	        
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